Opportunitäten in Zeiten der Krise
04.05.2020
David Wehner, Senior Portfoliomanager bei der Do Investment AG (li.) und Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand bei DJE (re.) / Fotos: © Do Investment AG / DJE
finanzwelt: Wie blicken Sie in die Zukunft?
Wehner: Die Heftigkeit des Corona-Crashs hat starke Parallelen mit 1929 und 1987, aber das Tempo ist einmalig. Die Aktienmärkte korrigierten innerhalb von wenigen Wochen um bis zu 40 Prozent, gefolgt von einer starken Aktienmarkt-Hausse, ausgelöst durch massive Zentralbankinterventionen. Derzeit gehen wir davon aus, dass der größte Schaden an den Kapitalmärkten hinter uns liegt. In den nächsten Wochen und Monaten halten wir große Schwankungen für wahrscheinlich, die zu einer zweiten Korrekturwelle führen können. Die Tiefststände aus dem Monat März sind für uns Kaufkurse. Im weiteren Verlauf gehen wir in der zweiten Jahreshälfte von einer weiteren Erholung und steigenden Kursen zum Jahresende aus. Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ist gewaltig. Die Erholung der Konjunktur wird uns nach diesem brutalen Absturz bis tief ins Jahr 2021 begleiten. In einigen Sektoren wie der Luftfahrt und dem Tourismus wird die Erholungsphase Jahre benötigen.
Schrieber: Verhalten positiv: Der Peak der Corona-Krise könnte inzwischen hinter uns liegen. Vom gegenwärtigen Niveau aus erwarten wir keinen erneuten massiven Abverkauf. Generell ist die Markttechnik derzeit gut, die monetäre Situation aufgrund der monetären Stützungsmaßnahmen der Notenbanken und der immensen fiskalpolitischen Programme seitens der Regierungen sogar exzellent.
Dagegen ist die fundamentale Situation sehr schwierig einzuschätzen. Uns dürfte in den kommenden Quartalen eine tiefe Rezession bevorstehen – Dauer unbekannt.
Realistisch ist, dass die Wirtschaft im Euroraum und in den USA erst sehr langsam wieder hochgefahren wird – und dass die Sparneigung von Konsumenten und Unternehmen aufgrund der weiter vorherrschenden Unsicherheit zunehmen wird.
Aufgrund der massiv steigenden Staatsschulden dürften aber die Zinsen auf absehbare Zeit sehr tief bleiben, was für Aktien spricht. Wir meiden derzeit Branchen, die von Corona und den daraus resultierenden Folgen überproportional betroffen sind. Chancen sehen wir aktuell vor allem in den zuvor genannten übergewichteten Sektoren, aber auch in Teilen des Technologiesektors oder im Bereich Infrastruktur. (ah)