„Ölkonzerne sind aktuell stark unterbewertet“

09.04.2020

Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © Martina Draper

Big Player oder ETF?

Gefragt nach Investmentchancen, werden die Trader konkreter. „Ölkonzerne sind meiner Meinung nach aktuell stark unterbewertet. Auch die niedrigen Ölpreise von 2016 haben Unternehmen wie Shell sehr gut weggesteckt. Sie haben damals sogar zu einer höheren Effizienz der Unternehmen geführt und die Gewinne sind in den folgenden Jahren auf ein höheres Niveau als vor 2016 gestiegen. Auch die sehr hohen Dividendenrenditen machen Ölkonzerne zu attraktiven Investments“, erklärt Scheungraber.

Kläger sieht das ähnlich: „Auf dem aktuellen Niveau sind vor allem Big Player sicher interessant, allein schon wegen den Dividenden. Wer mit einem langen Zeithorizont plant, kann jetzt mit Teilpositionen einsteigen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass die Jahrestiefs nochmals angelaufen werden. Wer dann noch Cash hat, kann die Positionen aufstocken.“ Einen alternativen Plan verfolgt Albietz: „Um einzelne Unternehmen aus der Ölbranche zu bewerten, bin ich nicht tief genug in der Materie drinnen. Jedoch bieten sich vor dem Hintergrund des niedrigen Ölpreises aktuell Spekulationen auf eine Erholung, mittels ETF auf die gesamte Branche oder direkt auf den Ölpreis, durchaus an.“

Nachhaltigkeit als Stolperstein?

Angesichts des zunehmenden Trends zur Nachhaltigkeit stellt sich allerdings eine Grundsatzfrage: Hat die Ölbranche überhaupt noch eine Zukunft? Kläger ist überzeugt: „Die Nachfrage nach Öl wird nicht einfach von heute auf morgen verschwinden. Zieht die Konjunktur nach der Corona-Krise wieder an, so wird auch die Nachfrage nach Öl wieder zulegen. Wenn die Wirtschaft nach der Krise wieder angekurbelt wird, dürfte die Nachhaltigkeit vorübergehend etwas in den Hintergrund rücken. Hauptsache die Wirtschaft kommt wieder in Schwung.“ Dem schließt sich Albietz an: „Öl wird so schnell nicht aus unserem Leben verschwinden. Sei es als Basis für Treibstoffe oder als chemischer Grundstoff für andere Produkte. Auch wenn eine Verlagerung zu immer mehr nachhaltigen Rohstoffen stattfinden wird, wird es noch sehr lange dauern bis wir auf Rohöl als Basisrohstoff verzichten werden können.“ Scheungraber ergänzt abschließend: „Meiner Meinung nach ist dieser Trend bei der Branche schon in den Kursen eingepreist, was sich beispielsweise in den dauerhaft hohen Dividendenrenditen wiederspiegelt.“

Kolumne von Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG