Nur Gold lässt sich nicht drucken

23.07.2015

Foto: © Wolfgang Cibura

Als Pamela Downs, 45, am 13. Juli in Kingsport, USA, wegen der Herstellung von Falschgeld verhaftet wurde, schrie sie die Polizeibeamten an: „Interessiert mich einen ****, alle anderen **** drucken Geld, also darf ich das auch!“

Es wird nicht berichtet, ob die Polizeibeamten die Argumentation von Frau Downs schlüssig fanden, gleichwohl kann diese kleine Episode als Zeichen unserer Zeit stehen. Geld kann derzeit offenbar jedermann drucken, Gold nicht.

Die Eurozonen-Krise und das aus dem Nichts erzeugte Geld.

Wolfram Weimer schreibt am 17.7.2015 im Handelsblatt (Online): „Italien hat allein im ersten Halbjahr Schulden gemacht, die so hoch sind wie das gesamte neue Rettungspaket für Athen. Italiens Schuldenberg ist auf 2.218,2 Milliarden Euro angestiegen.“ Auch das kleine Portugal rückt wieder ins Interesse der Staatsschulden-Spekulanten: Die im Vergleich zu Griechenland ordentlichen Makrodaten lassen Finanzprofis nicht vergessen, dass es für Portugal schwer werden wird, bei den derzeitigen Wachstumsraten aus der Verschuldung von rund 130 % des BSP (offizielle Zahlen) aus eigener Kraft herauszuwachsen. Der Wirtschafts-Nachrichtendienst Bloomberg meldet am 19.07.2015, dass der französische Präsident François Hollande als Reaktion auf die Griechenland-Krise eine Europäische Regierung mit eigenem Parlament und Budgethoheit (damit impliziert auch wohl die Steuerhoheit) fordert. Dies könnte als ein Eingeständnis der Unmöglichkeit der Lösung der eigenen Defizitprobleme und ggf. auch derer der südeuropäischen Peripherie gesehen werden. Die von Hollande aktuell aufs Tapet gebrachte Lösung hieße dann wohl: Stopfen unvorstellbar großer Löcher durch frisch erzeugtes Geld. Die Folgen für Geldwertstabilität und die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes kann sich jeder selbst ausmalen.

China – der Schleier lüftet sich ein Stück weit.

Die Rolle von China als einer der Schlüsselfiguren im Markt für physisches Gold hat sich über die letzten Jahre zunehmend herausgeschält. In den letzten Tagen haben sich Ereignisse zu dieser Rolle förmlich überschlagen. Li Keqiang, Vorsitzender des Staatsrats der Volksrepublik China und Regierungschef von China, hatte in der jüngeren Vergangenheit die Möglichkeit angedeutet, den Yuan in den der Bewertung der Sonderziehungsrechte (englisch: SDR) des IMF zugrundeliegenden Währungskorb aufnehmen lassen zu wollen. Dies würde vorausgehend eine Offenlegung der chinesischen Goldreserven erfordern. Diese Goldreserven wurden zuletzt von offizieller Seite im April 2009 bei 33,89 Millionen Unzen, d. h. gut 1.000 t, verlautbart und blieben seitdem – bis gerade eben – auf diesem offiziellen Wert, obwohl kein Akteur im Markt für physisches Gold den Heißhunger Chinas der letzten Jahre auf das gelbe Metall übersehen konnte. In der Woche endend am 17.07.2015 sprangen die offiziellen Reserven kommentarlos um fast 60 % auf 53,31 Millionen Unzen (s. Tabelle 1).

Am 20.07.2017 änderte sich diese Zahl schon wieder, wenn auch nur um 0,01 Millionen Unzen; von ausschlaggebender Bedeutung ist jedoch, dass sich seit der von 2009 an anhaltenden Dauerstille die offiziellen Werte aktuell zu bewegen beginnen (s. Tabelle 2). Bemerkenswert ist eine seltene offizielle Äußerung chinesischer Offizieller, die an dieser Stelle in Erinnerung gerufen gehört: Am 13.03.2013 äußerte sich Yi Gang, offizieller Titel „Deputy Governor of the People’s Bank of China (PBC) and Administrator of the State Administration of Foreign Exchange (SAFE)”, gegenüber Bloomberg derart, dass China nur bis zu 2 % seiner Fremdwährungsreserven in Gold investieren könne, da der Markt zu klein sei.

Welche Folgen das Interesse Chinas an einer Hinzunahme des Yuan in den SDR-Korb auf den Markt für physisches Gold haben wird, bleibt abzuwarten. Für historisch Interessierte: 1969, bei Schöpfung des IMF, wurde der Wert eines SDR als 0.888671 Gramm Feingold definiert, was seinerzeit auch dem Äquivalent von einem US$ entsprach.

Wer ist eigentlich das „Angebot“ und wer die „Nachfrage“?

Noch immer im Unklaren bleiben die jüngsten massiven Bewegungen im Gold- und Edelmetall Futures-Bereich. In der Woche vom 14.07. waren innerhalb kürzester Zeitfenster Verkäufe von Gold-Futures in Milliardenhöhe zu beobachten, ebenso aktuell zum Wochenbeginn vom 20.07., kurz vor Eröffnung der Märkte in Fernost, noch einmal kurzfristige Verkäufe von diversen Edelmetall-Futures im Wert von insgesamt rund 2,4 Mrd. US$. Letztere haben die gesamte Geldseite herausgenommen und Gold auf die Preise von um 2009 (in US$) geschickt. Die Verursacher bleiben im Dunkeln. Bemerkenswert ist im Edelmetall-Bereich auch der Derivate- Markt. Eine große internationale Bank hat aktuell nach öffentlich zugänglichen Zahlen mehr als 50 Mrd. US$ an Exposure an Edelmetall-Derivaten und dürfte damit recht nah am „cornern“ dieser Marktnischen sein. Es fällt schwer, unter solchen Umständen klare Angebots- und Nachfragestrukturen auszumachen.

Goldnachfrage stetig stabil, Goldproduktion nur + 2 %.

Laut World Gold Council hält sich die Nachfrage nach physischem Gold im ersten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorjahr auf einem weitgehend ähnlichen Niveau. Die Gesamt-Nachfrage lag um 11 Tonnen unter dem Vorjahresquartal, die Minenproduktion stieg leicht um 2 %, wobei ein Absinken in der zweiten Jahreshälfte als wahrscheinlich gesehen wird. Die Zentralbanken sind nun schon 17 Quartale durchgehend Gold-Nettokäufer.

Zeitloses Fazit: Tu das, was die Mächtigen tun, tu nicht, was sie sagen.

Bei allen aktuellen Nachrichten und Aktivitäten der Profis bleibt ein Fazit: Physisches Gold bleibt im Interesse der Mächtigen – der Zentralbanken, der Staaten und der Finanzprofis, denn Gold kann niemand drucken. Dem privaten Anleger bleibt bei allen kurzfristigen Schwankungen nur die langfristige Orientierung als Leitsatz: Tu, was die Mächtigen tun, tu nicht das, was sie sagen. (cs)

Printausgabe 04/2015