Nicht ohne mein Auto
27.10.2020
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Corona infiziert den ÖPNV
Über diese Untersuchung hinaus ist noch ein weiterer Aspekt interessant: In Italien zum Beispiel ist der Verkauf von Fahrrädern in Corona-Zeiten drastisch gestiegen. Dies geht allerdings nicht zulasten der Autonutzung – vielmehr steckt dahinter die Furcht vor Ansteckung mit dem Virus in öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch angenommen, die Verkehrswende kommt dennoch, was würde dies eigentlich für die Kfz-Versicherer bedeuten? Jan Dirk Dallmer, Bereichsleiter Kraftfahrt-Betrieb bei KRAVAG/R+V, sieht dies eher positiv: „Neue Mobilitätskonzepte stellen für Versicherer neue Risiken dar. Sie bieten damit die Chance, neue Produkte und Versicherungskonzepte zu entwickeln.“ Und Hans-Gerd Coenen, Vorstandsvorsitzender Gemeinnützige Haftpflicht-Versicherungsanstalt Darmstadt (GHV VERSICHERUNG), Anstalt des öffentlichen Rechts, hält die Verkehrswende hingegen schon für eingeläutet: „Wir stehen am Beginn eines gesellschaftlichen Umdenkens: Weg vom individuellen Besitzen, hin zum zeitweisen Gebrauchen.“ Beim Sharing – egal ob Auto, Fahrrad oder E-Roller – sei der Wandel schon weit fortgeschritten und deutlich wahrnehmbar. Zwangsläufig verändere sich dadurch der Absicherungsbedarf für einzelne Fahrzeuge, für Fahrzeugflotten und für Nutzer.
Wir können damit etwas beweisen
Dass die klassische Kfz-Versicherung durch alternative Mobilitätskonzepte in größerem Umfang Kunden verlieren könnte, ist für Coenen gar nicht so sehr die Frage: „In Deutschland haben wir sicherlich den Höchststand von zugelassenen Kraftfahrzeugen erreicht.“ Tendenziell werde der Fahrzeugbestand in den kommenden Jahren abnehmen, zumindest im privaten Nutzungsbereich. Dallmer sieht sogar neue Chancen: „Durch alternative Mobilitätskonzepte entstehen neue Risiken, für die Versicherungskonzepte entwickelt werden.“ Zielgruppen und Kundenbestand würden somit vielfältiger und größer. Dallmer: „Wir können damit beweisen, dass wir auf die unterschiedlichsten Kundenanforderungen die richtigen Antworten finden.“ Es stellt sich dann jedoch automatisch die Frage, ob es – etwa bei E-Bikes – überhaupt eine Kalkulationssicherheit gibt. Für Dallmer kein Problem: „Für die Kalkulation ist eine ausreichend große Grundgesamtheit an Risiken und davon ausgehenden Schäden erforderlich. Je größer die Grundgesamtheit, desto risikogerechter die Kalkulation.“ Bei neuartigen Risiken müsse zwangsläufig auch auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zurückgegriffen werden. In der Praxis funktioniere das aber gut. Auch Coenen ist da entspannt: „Inzwischen hat sich der E-Bike-Markt etabliert. Durch die hinreichende Anzahl Versicherer und Versicherter verfestigen sich die kalkulatorischen Annahmen.“ Damit sei auch die Sicherheit gegeben. (hdm)