Neuer Standard in der Formulierung von Versicherungsbedingungen
28.01.2020
Hendrik Scherer, Geschäftsführer PremiumCircle Deutschland GmbH / Foto: © PremiumCircle Deutschland GmbH
Ergebnis: Unverbindliche Formulierungen klargestellt - unbestimmte Begriffe nahezu vollständig ersetzt.
Wie groß der Meilenstein ist, wird an folgendem exemplarischen AVB-Beispiel deutlich.
Alt: elipsLife, betriebliche Einkommenssicherung, Ausgabe 10.2018, Punkt 3.2.2. Unterlagen der versicherten Person (Auszug):
„elipsLife kann außerdem auf deren Kosten weitere ärztliche Untersuchungen durch von elipsLife beauftragte Ärzte verlangen“.
Diese Regelung ist weit verbreitet und marktüblich. Aufgrund der hier vorliegenden unverbindlichen Formulierungen ist völlig unklar, um welche Ärzte es sich handelt und wie hoch die Anzahl der Untersuchung ist, die der Versicherer verlangen kann. Für Versicherte bedeutet dies völlige Unklarheit darüber, wie viele Untersuchungen sie über sich ergehen lassen müssen, um ihre möglichen Leistungsansprüche nicht zu verlieren. Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel für den Auslegungs- und Regulierungsspielraum, der sich dadurch für die Versicherer ergibt.
Neu: elipsLife, betriebliche Einkommenssicherung, Ausgabe 01.2020, Punkt 2.5. Begutachtung durch von elipsLife beauftragten Ärzten (Auszug):
„Nur in folgenden Fällen ist elipsLife berechtigt, Begutachtungen der jeweiligen versicherten Person durch von elipsLife beauftragte Ärzte zu verlangen, wenn
- die vorliegenden Prüfungsunterlagen aus Sicht von elipsLife dem Grunde nach keine Arbeitskraftminderung belegen und
- die versicherte Person das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Sofern oben genannte Voraussetzungen vorliegen, kann von elipsLife für jedes betroffene Fachgebiet jeweils nur ein Gutachten eingeholt werden“.
Diese Formulierungen stellen dagegen klar, unter welchen Voraussetzungen, für welche Personen eine Begutachtung erfolgt und definieren darüber hinaus die maximale Anzahl von Gutachten für jedes betroffene Fachgebiet. Entgegen den Argumentationen der Versicherer wird durch diese Konkretisierung aufgezeigt, dass unverbindliche Formulierungen sehr wohl so klargestellt werden können, dass in den Vertragsbedingungen mehr Transparenz und Rechtssicherheit für alle Beteiligten entstehen kann.
Zusätzlich wurde im Zuge der Überarbeitung der AVB durch die elipsLife erstmalig der komplette Ablauf der Leistungsprüfung abgebildet, damit bereits bei Abschluss eines Vertrages die Rahmenbedingungen und Parameter für den Leistungsfall klar und transparent definiert sind. Dem allgemeinen Rätselraten und Interpretieren ist damit weitgehend ein Ende gesetzt. Auch wenn es sich bei diesem Produkt „nur“ um ein Produkt im Rahmen der bAV handelt, ist dies ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Transparenz und Verbindlichkeit in den AVB von biometrischen Risiken.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht und sich andere Marktteilnehmer „trauen“ die unverbindlichen Formulierungen und unbestimmten Begriffe in ihren AVB zu konkretisieren und soweit wie möglich zu beseitigen. Kunden und Vermittlern wäre es zu wünschen.
Kolumne von Hendrik Scherer, Geschäftsführer PremiumCircle Deutschland GmbH