Neue Konzepte werden den Kreis der Versicherten größer machen
21.08.2018
Foto: © Sabrina Henkel, finanzwelt
finanzwelt: Aber wenn psychische Erkrankungen die Haupt-BU-Ursache sind, was gibt es denn für Alternativen?
Börner» Das wird auf jeden Fall sehr schwer, eine BU zu finden. Egal welche Vorerkrankung vorliegt.
Schneider» Zunächst einmal würde ich den Kunden fragen: Wenn Du 30 % deiner Krankheitswahrscheinlichkeit nicht versichert bekommst, willst Du dann auf die restlichen 70 % auch verzichten? Diese Frage wird er wahrscheinlich mit Nein beantworten. Dann muss ich nach einem Produkt suchen, dass diesem Wunsch entgegenkommt. Es gibt genügend Alternativen am Markt, die den Kunden entsprechend absichern können.
finanzwelt: Wie ist die Haftungsthematik zu sehen, wenn ich keine BU verkaufe, sondern ein Absicherungskonzept?
Börner» Wenn ausreichend dokumentiert und dem Kunden schriftlich noch einmal erklärt wird, warum er nun ein anderes Absicherungsprodukt also die gewünschte BU bekommt, gibt es da keinerlei Probleme.
finanzwelt: Wie kann ein Makler die bestmögliche Annahme erreichen?
Börner» Der Makler sollte es auf jeden Fall lassen, wenn er es nicht kann. Mit viel Erfahrung dürfte es allerdings kein großes Problem für ihn darstellen, die bestmögliche Annahme zu erreichen.
Schneider» Saubere und genaue Vorarbeit. Niemals versuchen, mit zweifelhaften Methoden den Kunden doch irgendwo reinzudrücken. Die beste Versicherung ist immer die, die unter bestmöglicher Recherche gefunden wurde. Natürlich spielen da auch Ratings eine Rolle, wo auch Faktoren wie die Leistungsabwicklung berücksichtigt werden.
finanzwelt: Helfen ihm dabei Online- Tools wie vers.diagnose oder EQuot?
Capellmann» Sicherlich leisten digitale Tools auch in diesem Bereich einen wichtigen Beitrag dazu, die Beratungsqualität weiter zu erhöhen und dem Kunden die bestmögliche Produktlösung zu empfehlen. Dieser Bereich wird sich noch weiter entwickeln.
Schneider» Wir bieten für die Vorabfrage und Risikoprüfung ja auch entsprechende Tools an. Leider werden alle Diagnose-Tools von Vermittlern nur beschränkt genutzt. Die Vermittler wenden sich gerne noch an den Risikoprüfer oder die Tools sind ihnen einfach suspekt. Sie fürchten auch, dass sie damit Arbeit machen müssen, die eigentlich die Versicherer zu erledigen hätten.
finanzwelt: Ändert sich bei einem aktiven Einsatz durch den Makler evtl. die Haftung für ihn?
Börner» Das Tool hilft sicher bei der Vorauswahl, bringt aber keine Verbesserung der Haftung.
finanzwelt: Was kann denn der Makler im Schadensfall für seinen Kunden tun?
Börner» Den Fall in die professionellsten Hände zu geben, die es gibt. Diesen dann möglichst gut zuarbeiten. Wir arbeiten hier recht erfolgreich mit einer darauf spezialisierten Kanzlei zusammen.
finanzwelt: Lösen wir uns mal von der BU. Ein Fall aus der Unfallversicherung. Der günstigste Tarif laut vieler Vergleichsrechner zahlt nicht bei Unfällen mit Fußball. Und ich rede nicht vom Vereinssport. Wenn der Vater beim Kicken mit dem Sohn im Garten umknickt, zahlt dieser Versicherer nicht. Beratungsfehler?
Vogel» Gerade bei Produkten der biometrischen Absicherungen warne ich davor, die nur nach einem Online- Rechner abzuschließen. Wenn man nur nach dem besten Preis vermittelt, bekommt der Kunde nicht die richtige, für ihn zugeschnittene Absicherung.
Schneider» In diesem konkreten Fall müssen wir aber auch die individuelle Beratung beachten. Wenn der Vermittler das entsprechend dem Kunden kommuniziert und entsprechend dokumentiert, ist es vom Kunden eben bewusst entschieden. Er will zugunsten des günstigeren Beitrags auf den Komplettschutz verzichten, und somit ist das kein Beratungsfehler.
finanzwelt: Wie kann der Makler zum Biometrie-Profi werden?
Börner» Weiterbildung ist bei KV und BU sehr wichtig. Ansonsten gilt: Wenn der Vermittler nicht das nötige Fachwissen und die nötige Zeit hat, sich Fachwissen anzueignen, sollte er die Finger von solchen Produkten lassen.
Capellmann» Mit den entsprechenden Weiterbildungen kann der Vermittler sich auch selbst am Markt positionieren: Als Spezialist für einen bestimmten Bereich der Vorsorgeberatung. Das machen die Niederländer ganz richtig: Dort muss der Berater für jeden einzelnen Bereich eine spezielle Prüfung ablegen.
Vogel» Unsere Weiterbildungsmöglichkeiten werden gut angenommen. Die angebotenen Workshops sind stets gut besucht, weil wir nicht nur produktbezogen weiterbilden, sondern auch andere Themen anbieten. Da können sich die Makler gut spezialisieren.
Becker» Es mangelt ja nicht an Angeboten zur Weiterbildung. Es mangelt viel öfter an der Bereitschaft, diese auch wahrzunehmen.
finanzwelt: Sollte es denn dann für die Absicherung der biometrischen Risiken nicht spezielle Qualifikationen für Makler geben? Als eine Art Pflichtweiterbildung?
Börner» Das würde ich definitiv begrüßen. Damit hätten wir das Amateurhafte in diesem Bereich nicht mehr.
Becker» Eine Qualifikation würde auch dem Verbraucher ein gutes Gefühl geben. Denn er wendet sich an absolute Experten. Und andere, die sich nicht auskennen, die dürfen dann entsprechend schwierige Themen weder beraten noch die jeweiligen Produkte vermitteln.
Capellmann» Die deutschen Kunden mögen Referenzen und Tests, die ihnen eine Einschätzung zur Qualität von Produkt und Beratung ermöglichen. Ein eingeführtes Siegel mit hoher Akzeptanz würde hier helfen, dem Kunden eine Orientierung zu geben. (lvs)