Sind Sie auf einen Crash vorbereitet?

07.04.2025

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Eine Börsenweisheit besagt: Es kommt nicht darauf an, einen Crash vorauszusagen, sondern darauf vorbereitet zu sein. Wie man an der Entwicklung, beispielsweise beim DAXIndex erkennen kann, waren seit 2009 Kurskorrekturen kurz und stets eine Nachkaufchance. Genauer gesagt: Seit 16 Jahren. Zwei Ausnahmen waren der Ausbruch der Pandemie in 2020 und die Invasion der Russen in der Ukraine in 2022. Aber auch in diesen beiden Fällen wurden die Rückschläge noch im gleichen Jahr „ausgebügelt“. Daran kann man sich als Anleger gewöhnen.

Wer demnach erst seit 16 Jahren an der Börse agiert, und zwar sowohl Anleger als auch Berater, weiß also nicht, was eine Baisse ist, zumindest haben sie noch keine erlebt. Und erst recht nicht die Masse an Kleinspekulanten, die summiert inzwischen eine Größenordnung im Milliarden-Bereich darstellen.

Die letzten Crashs fanden von 2000 bis2003 (DAX minus 75 Prozent) und von 2008 bis 2009 (DAX minus 54 Prozent) statt. Das hieße für den DAX (heute 23.000) 10.600 oder sogar 5.800. Nicht möglich? Ist aber „vor kurzem“ erst passiert. Zunächst: Was waren die Gründe für den Anstieg der Kurse: Massive Ausweitung der Geldmenge, dadurch ein Trend fallender Zinsen (zehnjährige Bund von 9,25 Prozent in 1990 bis auf Null in 2020), fallende Inflation, die eigentlich unverantwortliche Expansion der Staatsschulden weltweit, sowie die Globalisierung.

Wie ist die Situation heute: Die Geldmenge stagniert, könnte (müsste) bei Krisen wieder erhöht werden. Wir haben derzeit die höchsten Zinsen seit 2011, seit 2020 steigende Inflation, weiter steigende Staatsschulden und seit Kriegsbeginn auch die Deglobalisierung. Ein explosives Gemisch für die Börsen. Zudem mit Putin und Trump zwei unkalkulierbare Herrscher, bei gleichzeitig schwachen Europäern. Die von Trump angekündigten Zölle werden mit höchster Wahrscheinlichkeit auch höhere Preise, also höhere Inflation und damit auch höhere Zinsen bewirken. Jetzt erkennt sogar Trump, dass USA in eine Rezession schlittern könnte. Zudem trifft er Entscheidungen, die konträr zur Verfassung stehen.

Die aktuelle Situation ist durchaus prekär. Die hohen Aktienbewertungen in den USA bilden eine globale Divergenz. Die Anleger sind mit über 70 Prozent in Amerika investiert. Dies ist zwar teilweise berechtigt (Technologie) und nachvollziehbar (größte Börse), stellt aber auch eine hohe Konzentration dar, d.h., jeder Rückgang der USAktienkurse und/oder dem US-Dollar tangiert die Mehrzahl der Investoren. Jetzt hat die Atlanta-Fed mit Veröffentlichungen schockiert: Das Verbraucher-Vertrauen fällt unter 70, die lokalen Hauspreise sind in diesem Jahr schon um 12% gefallen und das Wachstum fällt von plus 2,9 Prozent im Januar und minus 1,5% im Februar, nun im März um weitere minus 2,8 Prozent. Der „Pfeil“ deutet also in Richtung Rezession.

Mit dem Einmarsch der Russen hat sich auch eine östliche Gemeinschaft weiter entwickelt: Die BRICS-Staaten. Zum Glück sind sie noch weniger einig als die Europäer. Aber ein gemeinsames Ziel haben sie: Sie wollen weg vom US-Dollar und von der Übermacht der USA. Die Europäer müssen die Schulden kräftig ausbauen, aber einen großen Teil in die Rüstung stecken. Dies stärkt die Wirtschaft nur teilweise. Dagegen wären steigende Inflation und Zinsen sowie eine Rezession in Amerika eine für Aktien sehr negative Entwicklung. Sowohl der Dow Jones als auch der Nasdaq 100 könnten schon „Umkehrformationen“ ausgebildet haben.

Andererseits ist dieses Szenario ein positives Argument für Gold. Technisch gesehen hat der Goldpreis im März 2024 mit Überspringen der 2.090 US-Dollar - eine etwa dreieinhalbjährige Konsolidierung abgeschlossen. Trotzdem haben die westlichen Anleger ihre Bestände in dieser Zeit um 30% abgebaut, während die östlichen Notenbanken das Edelmetall massiv aufgekauft haben. Wie sonst könnte der Preis bei diesen großen Abgaben, von einem Hoch zum anderen springen. Die 3.000 US-Dollar dürften nur eine Zwischenstation darstellen. Alle Renditefonds/ETF müssen, wenn die Aktienkurse stagnieren, aber die Edelmetalle weiter klettern, Gold kaufen. Ein Vermögens-Check würde bei vielen Depots das Manko in Gold unterinvestiert zu sein aufdecken. Derzeit wird trotz der Inflationsängste etwas Gold verkauft. Die Anleger realisieren Gewinne, um sie mit den Aktienverluste zu kompensieren. Das ist eher eine Gelegenheit zum Nachkaufen, denn eine Trendwende. Das Gold legte in 2025 bis Freitagmittag um 20 Prozent zu, der DAX gerade noch 3,86 Prozent, während der Nasdaq 100 schon 14,8 Prozent im Minus war. Gold als Vermögensschutz hat einen Etappensieg erzielt.

Ich will hier aber nicht den Crash prognostizieren, sondern darauf hinweisen, dass sich in der Welt etwas zusammenbrauen könnte. Die wiederholt aufgetretenen hohen Tagesschwankungen der Aktienmärkte sind ein Warnsignal. Die Börsen können aber trotzdem noch wochenlang steigen. Es kommt jetzt nicht darauf an, den Tag der Überschwemmung vorauszusagen, sondern ein Boot zu bauen. Hochs sind daher der ideale Zeitpunkt, sein Risikolevel einzuordnen. Denn, bei fallenden Kursen ist der Stressfaktor deutlich höher und damit auch die Fehlerquote. Korrekturen beginnen oft mit Kurseinbrüchen. Wann, weiß natürlich niemand. Aber wer die Charts der Indices anschaut, sieht, dass nicht nur der DAX eine sogenannte „Fahnenstange“ ausgebildet hat.

Gründe sind u.a. die beschlossenen Milliardenschulden, die Konsolidierung in USA und die Schwäche des US-Dollars, die Anlagegelder nach Europa locken. Dieses technische Bild beispielsweise vom DAX entsteht oft am Ende einer Rallye. Der „Zolleinbruch“ könnte erst der Anfang. Aktuell herrscht fast Panik, so dass durchaus eine Gegenbewegung anstehen dürfte. Es ist also an der Zeit, sich mit der Struktur des Vermögens zu beschäftigen. Am besten mit Hilfe von neutralen Fachleuten, die an der aktuellen Depotstruktur nicht beteiligt waren. Dafür ist es selten zu früh, aber oft zu spät.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.