Neue Chancen für Vertriebe

30.07.2013

Foto: © fotomek - Fotolia.com

Die Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) dürfte dazu führen, dass sich das Anlagespektrum für Stiftungen erweitert. Dies eröffnet auch neue Vertriebswege für Berater.

In Deutschland existierten am 31. Dezember 2012 nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen exakt 19.551 rechtsfähige Stiftungen. Allein im Jahr 2012 wurden 645 Stiftungen neu errichtet. Stiftungen sind rechtlich verselbständigte Vermögensmassen, die dauerhaft einen vom Stifter festgelegten Zweck verfolgen. Die Zweckerreichung wird durch die Erträge aus dem Stiftungsvermögen gesichert, indem die Erträge zweckgerichtet verwendet werden müssen. Aus diesem Grund müssen Stiftungen ihr Vermögen so anlegen, dass es dauerhaft ausreichend Erträge erwirtschaftet.

Bei der Anlage des Vermögens müssen unterschiedliche rechtliche Vorgaben beachtet werden. Maßgeblich für die Anlagestrategie ist zunächst der Stifterwille, der sich aus dem Stiftungsgeschäft gemäß § 81 Abs. 1 BGB ergibt. Der Stifter kann Vorgaben bezüglich der Bewirtschaftung des Vermögens machen und insbesondere bestimmte Anlageformen oder Anlagestrategien vorschreiben oder ausschließen. Sofern das Stiftungsvermögen nicht in Sachwerten, wie beispielsweise Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, die dauerhaft im Eigentum der Stiftung bleiben sollen, besteht, legen Stifter häufig keine detaillierten oder einschränkenden Anlagegrundsätze fest. Die Stiftung muss bei der Vermögensverwaltung daher lediglich die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen berücksichtigen, die überwiegend vorschreiben, dass das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert erhalten bleiben muss und regelmäßig keine weitergehenden Vorgaben für bestimmte Anlagestrategien oder Anlagegegenstände enthalten.

Da viele Stiftungen den Status der Gemeinnützigkeit und

die damit verbundenen Steuervorteile anstreben, müssen sie die

entsprechenden Vorschriften zur Gemeinnützigkeit in der

Abgabenordnung bei ihren Anlageentscheidungen beachten.

So sind gewerbliche Einkünfte gemäß § 64 AO nicht in vollem Umfang steuerbefreit. Dies gilt auch dann, wenn die gewerblichen Einkünfte von einer Personengesellschaft erzielt werden, an denen die Stiftung als Kommanditistin beteiligt ist. Dividenden aus Kapitalgesellschaften oder Zinserträge gehören dagegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu den steuerbefreiten Einkünften einer Stiftung.

Der kurze Überblick über die gesetzlichen Regelungen zeigt, dass Stiftungen regelmäßig große Gestaltungsspielräume bei ihren Anlageentscheidungen haben. Wesentlich ist jedoch, dass die Anlagestrategie den Erhalt des Stiftungsvermögens gewährleistet und somit keine allzu großen Risiken birgt. Als optimal zur Erhaltung des Stiftungsvermögens und zur Erzielung von angemessenen Erträgen wird eine ausreichende Diversifizierung nach den Grundsätzen der Portfoliotheorie angesehen. In dem Buch „Die Anlage des Stiftungsvermögens" aus dem Jahr 2011 beschreibt Till Friedrich die möglichen Anlagegegenstände und betont, dass neben der Anlage in verzinsliche Wertpapiere, Immobilien, Aktien, Unternehmensbeteiligungen oder Hedgefonds auch Beteiligungen an geschlossenen Fonds möglich sind. Allerdings zieht der Autor ein eher negatives Fazit über geschlossene Fonds: „Eine Beaufsichtigung durch die BaFin erfolgt nicht, lediglich der Verkaufsprospekt wird auf Vollständigkeit und Verständlichkeit hin überprüft. (…) Aufgrund der fehlenden Beaufsichtigung besteht hier ein erhöhtes Missbrauchspotenzial."

Obwohl Stiftungen also grundsätzlich Anteile an

geschlossenen Fonds erwerben können, werden sie

bislang von Stiftungs-Experten aufgrund der fehlenden

Regulierung als nicht idealer Anlagegegenstand betrachtet.

Die aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit der

Einführung Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) dürften jedoch

dazu führen, dass sich das Anlageuniversum für Stiftungen

erweitert und somit auch neue Vertriebswege für

Berater eröffnet werden.

Dabei werden mehrere Entwicklungen wesentlich sein: Die neuen Investmentkommanditgesellschaften sind in hohem Umfang reguliert. Insbesondere durch die umfassenden Produktregelungen für Publikums-Investmentgesellschaften, beispielsweise bezüglich des Anteils der Fremdfinanzierung und der grundsätzlich vorgeschriebenen Risikomischung innerhalb des Fondsvermögens, die sich nicht an semiprofessionelle Privatanleger wenden, soll der Vermögenserhalt der Anleger sichergestellt werden. Damit erfüllen Investmentkommanditgesellschaften zukünftig die wesentlichen Anforderungen der Anlagestrategien von Stiftungen in besonders hohem Umfang.

In den letzten Monaten sind weitere interessante Anlagevehikel für Stiftungen auf dem Markt erschienen: sachwertunterlegte Anleihen. Diese Anleihen, die aufgrund ihres Fremdkapitalcharakters nicht unter die Regulierung des KAGBs fallen, bieten Stiftungen die Möglichkeit, sich auch an Assetklassen zu beteiligen, die aufgrund der erzielten gewerblichen Einkünfte aus steuerlicher Perspektive nicht attraktiv sind. Durch die Möglichkeit der Schwerpunktinvestition, z. B. in erneuerbare Energien, können Stiftungen sich auch an bislang steuerschädlichen Assetklassen beteiligen und zugleich mit einer Anlage eine ausreichende Risikostreuung vornehmen.

Beratern und Emissionshäusern ist zu empfehlen, die Vorzüge der neuen Produkte aktiv zu erläutern und dadurch Investitionsalternativen aufzuzeigen. Da viele Stiftungen aufgrund des niedrigen Zinsniveaus die für die Erfüllung ihres Stiftungszwecks erforderlichen Erträge nicht oder nur in geringem Umfang erzielen können, werden viele Stiftungen mit großem Interesse die neuen Produkte prüfen und als interessante Anlagemöglichkeit erkennen.

(Dr. Gunter Reiff, Rechtsanwalt und Steuerberater, RP Asset Finance Treuhand, München)

Stiftungen - Printausgabe 04/2013