Nachhaltigkeit: Warum die Governance auch wichtig ist
30.06.2020
Dyrk Vieten, Sprecher der Geschäftsführung der ficon Vermögensmanagement GmbH / Foto: © ficon
Ende 2019 waren in Deutschland insgesamt 269,3 Milliarden Euro in Anlageprodukte investiert, die die nachhaltigen ESG-Kriterien explizit in den Anlagebedingungen festschreiben. Mehr und mehr stellt rückt dabei das „G“ für Governance (gute Unternehmensführung) in den Fokus. Die Wertentwicklung von Unternehmen, die sich guter Governance verschrieben haben, spricht dafür.
Das Thema ESG (Environment, Social, Governance – Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) gewinnt in der Investmentwelt immer mehr an Bedeutung. Das zeigen aktuellen Daten des Forums nachhaltige Geldanlage (FNG). Deutschlands Privatanleger haben ihre Investments in Nachhaltige Geldanlagen in 2019 von 9,4 auf 18,3 Milliarden Euro gesteigert. Stand Ende 2019 waren insgesamt 269,3 Milliarden Euro in Anlageprodukte investiert, die ESG-Kriterien explizit in den Anlagebedingungen festschreiben. Das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Berücksichtigt man auch Kapitalanlagen, für die Nachhaltigkeitskriterien auf Unternehmensebene verankert sind, ergibt sich dem FNG zufolge per Ende 2019 eine Gesamtsumme von rund 1,64 Billionen Euro für diese Art von Investments in Deutschland.
Ein großer Teil dieser Finanzprodukte konzentriert sich dabei auf den Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit und stellt Themen wie den Beitrag zum Klimaschutz, zur Schonung natürlicher Ressourcen, Investitionen in erneuerbare Energien und eine umweltverträgliche Produktion in den Fokus. Auch das Kriterium „Social“ spielt häufig eine Rolle. Die Einhaltung zentraler Arbeitsrechte, etwa das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie Nichtdiskriminierungs-Gebot, hohe Standards bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz und faire Bedingungen am Arbeitsplatz oder beispielsweise auch Aus- und Weiterbildungschancen und die Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards bei Zulieferer sind ebenfalls vielfach Kriterium nachhaltiger Investments.
Corporate Social Responsibility auch in Zeiten von Corona
Das „G“ hingegen, also alle Fragen rund um die gute Unternehmensführung, spielt bislang eine untergeordnete Rolle. Governance bezeichnet allgemein das Steuerungs- und Regelungssystem im Sinn von Strukturen privater oder öffentlicher Organisation. Die Corporate Governance als Spezialbereich bezeichnet alle Regeln, Verfahren oder Gesetze, nach denen ein Unternehmen geführt oder betrieben wird. Im Sinne der Nachhaltigkeit wird die gute Unternehmensführung oft auch unter dem Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) zusammengefasst. Diese umschreibt den freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, der über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht. Das können die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gesundheitspräventionsangebote für Mitarbeiter, Diversity-Programme, Konzepte zur Vermeidung von Fehlverhalten und die Implementierung von Risikomanagement-Systemen, Verhaltenskodizes und sogar Whistleblowing-Systemen.
Im Übrigen ist die Corporate Social Responsibility als Ausdruck der guten Unternehmensführung auch in Zeiten der Corona-Krise nicht ins Hintertreffen geraten. „Ein sorgfältiger und vorausschauender Geschäftsleiter tut gut daran, das Thema Nachhaltigkeit in und vor allem nach der Corona-Krise im Fokus zu behalten. Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit zum Umdenken gekommen“, heißt es beispielsweise bei der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt. Und weiter: „Die Corona-Krise und das Bemühen um mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft stehen sich nicht unversöhnlich gegenüber. Vielmehr wird klar, wie wichtig es ist, künftige Krisen, die durch ein nicht hinreichend nachhaltiges Wirtschaften ausgelöst oder begünstigt werden könnten, nach Möglichkeit zu vermeiden oder abzumildern oder zumindest bestmöglich auf sie vorbereitet zu sein.“ Gerade vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission an ihren Plänen festhält, bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, bleibt die CSR auch auf lange Sicht wichtig.
Warum sich der Blick auf gut geführte Unternehmen auch monetär lohnt, lesen Sie auf Seite 2