Nachhaltig nach innen und außen – wie Finanzdienstleister größtmögliche Wertschöpfung erzielen
04.11.2021
Autorin und Expertin für nachhaltiges Unternehmertum Paula Brandt / Foto: © Paula Brandt
Was können Finanzdienstleister tun, um wirtschaftliches Wachstum mit Substanz zu füllen und nachhaltige Wertschöpfung zu fördern? Befeuert durch Klima-Krise und Pandemie hat längst eine neue Form von Nachhaltigkeit Einzug in die Wirtschaft gehalten. Eine, die nicht mehr rein ökologisch verstanden wird, sondern darüber hinaus auch ökonomische und soziale Verantwortung umfasst. Der laute Ruf nach gesellschaftlich relevanten Projekten und mehr Umweltschutz, aber auch nach einer neuen Arbeitskultur bei Arbeitgebern bringt nun eine neue Generation von Impact-Unternehmern hervor. Es kommen starke Persönlichkeiten mit hohen ethischen Werten auf den Plan, die ihren wirtschaftlichen Erfolg und ihr Knowhow in die Waagschale werfen und sagen: „I Care!“ Doch damit sie einen breiten Wandel in der Wirtschaft anführen können, braucht es die Finanzinstitute – mit einem neuen Rollenverständnis.
Schon der Titel vom Artikel klingt wie ein Widerspruch.
‚Nachhaltigkeit‘ und ‚größtmögliche Wertschöpfung erzielen‘ – passt das überhaupt zusammen? Klare Antwort: Ja, das passt zusammen. Aber nur dann, wenn Unternehmen und Finanzdienstleister gemeinsam einen Paradigmenwechsel einleiten. Früher hieß ‚größtmögliche Wertschöpfung erzielen‘ oft genug einzig und allein: Das finanzielle Kapital zu vermehren. In Zeiten von Klimakrise, demographischem Wandel und Verschiebung der weltweiten Machtverhältnisse können wir uns das nicht mehr leisten. Was nur Wenigen bewusst ist: Derzeit noch bedrohlicher als der Klimawandel ist die Krise bei der Biodiversität und der Bodenfruchtbarkeit. Wer erinnert sich noch an den Bestseller Die Geschichte der Bienen von Maja Lunde, in dessen Geschichte die Bienen ausbleiben und die Menschen Blüten von Hand bestäuben müssen? Damit die Zukunft auf diesem Planeten überhaupt lebenswert bleibt, müssen wir komplett anders agieren.
Unternehmer und Finanzdienstleister mit zentraler Rolle
Heute muss sich Wertschöpfung neben den finanziellen Werten immer auch auf Naturwerte erstrecken, aber auch auf Werte in unserem Zusammenleben. Schon lange geht es nicht mehr nur darum, das Finanzkapital zu mehren, sondern auch das Naturkapital sowie das Human-, Sozial- und Wissenskapital. Viele Unternehmer haben das verstanden und bieten nachhaltige Lösungen an. Ich nenne sie „Impact Unternehmer“. Vegane Würstchen werden von einem ehemals traditionellen Wursthersteller wie der Rügenwalder Mühle angeboten? Was uns vor Jahren vermutlich noch zum Schmunzeln gebracht hätte, ist heute gemeinhin akzeptiert und gehört zum „new normal“. Und der Wandel auf breiter Fläche geht weiter.
Wie können Finanzinstitute diese neue Wertschöpfung fördern?
Bei begrenzten Ressourcen gibt es strenggenommen immer nur eine Handlungsmaxime: Es geht um Ressourceneinsatz mit dem größten Hebel. Und genau an der Stelle kommen die Finanzdienstleister ins Spiel. Provokativ gesagt: Würden Banken – Stand heute – nur noch nachhaltige Projekte fördern, gäbe es kein neues Kohlekraftwerk mehr und keine neuen Flughäfen. Kreuzfahrtschiffe würden nur noch mit Elektroantrieb fahren und die Massentierhaltung wäre passé – einfach, weil zukunftsschädigende Projekte nicht mehr finanziert würden. Umgekehrt können Finanzinstitute Nachhaltigkeit direkt fördern, indem sie zukunftsgerichtete Projekte finanzieren, also Projekte, die dem Aufbau von Naturkapital dienen, weil sie beispielsweise zum Klimaschutz beitragen, weil sie die Biodiversität fördern oder die Bodenfruchtbarkeit verbessern. Banken lenken also diese Wertschöpfung durch das, was sie finanzieren. Der Finanzmarkt hat dabei sogar den größten Hebel auf nachhaltige Wertschöpfung, denn hinter ihnen stehen die Anleger und Investoren, sprich: jeder einzelne Mensch, der über sein Finanzinstitut Geld anlegt. Letztlich also wir alle.
Welche Rolle dabei die Politik spielt und was das konkret für Unternehmer heißt, lesen Sie auf Seite 2.