Mit der Lizenz zum Schaden-Rückgriff
08.10.2021
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Ein Klassiker ist die Verkehrshaftungsversicherung für Transporteure und andere Logistiker. Geht Ware auf dem Transport unter, verlangen die Warenversender oder die Empfänger einen Ersatz. Verfügen Versender bzw. Empfänger selbst über umfassenden Transportschutz, verlangt deren Transportversicherer nach der Schadenleistung den Ersatz bei dem Logistik-Versicherer. Moderne Fahrzeugversicherer arbeiten ihre Rückgriffe quasi schon auf Knopfdruck ab. Die Unfallgegner, Kfz-Handel-Handwerks-Betriebe sowie fremde Eigner von Anhängern, Aufbauten, Containern oder Wechselbrücken erhalten Post aus automatisierten Prozessen und Dunkelverarbeitungen, in denen Haftungsquoten, Ausgleichsbegehren wegen Mehrfachversicherung oder Regresse in Cent, Euro und Prozent aufgelistet sind. Betrunkene Fahrer oder Raser aus den eigenen Versicherungsreihen bitten die Versicherer-Algorithmen ebenso zur Kasse. In anderen Firmenversicherungssparten steht man in den Startlöchern. Diese Regresse sind wesentlich variantenreicher. Leistet etwa ein Gebäudefeuerversicherer nach einem Akku-Kurzschluss im Notebook, stehen Regresse entweder gegen den Notebook- oder den Akku-Hersteller an. Eventuell liegt sogar eine Obliegenheitsverletzung des eigenen Kunden vor. Dann heißt es Leistungsabzug und nicht Regress. Sorgt ein Handwerker oder einer seiner Subunternehmer für einen lecken Öltank, zahlt der Haftpflichtversicherer des Öltanks zuerst den Ersatz. Danach macht er dem Handwerker oder ggf. dem Subunternehmer oder – wenn vorhanden – den Betriebshaftpflichtversicherern, die Regressrechnung auf. Das lässt sich per App und Co. schwer darstellen.
Andere Rückgriffe
Rückgriffe richten sich zuweilen gegen den Firmenkunden selbst. Für Schadenherbeiführung oder nach Falschangaben zum Versicherungsvertrag und im Schadenfall drohen gekürzte bis keinerlei Leistungen. Treten z. B. nach ersten Teilzahlungen in späteren Schadengutachten oder Gerichtsprozessen die Unregelmäßigkeiten gravierend zu Tage, verlangen Versicherer bereits erfolgte Leistungen teilweise oder ganz zurück. Tragen Firmenkunden für den Schadenfall vereinbarte Selbstbehalte, steht nach einem erfolgreichen Rückgriff des Versicherers gegen Dritte die Erstattung des Selbstbehaltes in Aussicht. Bei exponierten Risiken sind dies durchaus mehrere oder zigtausend Euro. Gute Nachrichten mit passendem Scheck binden Kunden und erleichtern neue Geschäfte. Die Idee, ebenso bei einer Unterversicherung den fehlenden Ersatz für Kunden bei Verursachern einzufordern, ist aus rechtlichen Gründen umstritten. Mit externer Unterstützung könnten sich Versicherer jedoch neue Schaden-Services für Firmenkunden erschließen. Experten rechnen in Cyber-Schadenfällen mit komplexen Regressen. Neben Steuer- und Unternehmensberatern tummelt sich oft eine Vielzahl von IT-Beratern in den Unternehmen. Überwinden Cyber-Kriminelle die IT-Sicherungen des Unternehmens, stellt sich nach der Cyber-Versicherungsleistung die Verantwortungsfrage. Die Suche nach den Beratern, welche Sicherheitslücken durch unterlassene Hinweispflichten begünstigten, beginnt. Versagt der Cyber-Versicherer den Deckungsschutz, weil z. B. pflichtwidrige Gesetzesverstöße gegen die DSGVO vorliegen, muss das geschädigte Unternehmen selbst die mitverantwortlichen Manager, Berater und weiteren Entscheider in die Ersatzpflicht nehmen. (gg)
Fazit
Vermittler sollten im Firmenkundengeschäft ein Auge auf jede Schadenbearbeitung werfen. Aus dem vom Kunden erlebtem Service ergeben sich Ansätze für neue Geschäfte und auf Leistungsstörungen können Vermittler zügig reagieren. Rückgriffe auf Verursacher sowie aus Mehrfachversicherungen senken die Schadenbelastungen der Kundenverträge. Gute Schadenquoten gelten als das Argument in Verhandlungen mit Firmenversicherern. Stehen dennoch schadenbedingte Sanierungen für den Firmenkunden bzw. Vermittler an, sollten Versicherer fairerweise nicht mehr benötige Schadenreserven auflösen und über die Rückgriffergebnisse informieren. Manchmal ist die Sanierungsnot dann nicht mehr so groß.