Mit der Lizenz zum Schaden-Rückgriff

08.10.2021

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Die Fallbearbeitungen gehen nach den Zahlungen aus den Schadenabteilungen oftmals weiter. Versicherer sind verpflichtet, weiteren Schutz von anderen Versicherern sowie mögliche dritte Schadenverursacher aufzuspüren, um dort Leistungsteile zurückzufordern. Für Vermittler und Versicherer ist dies ein wichtiger Faktor, um die Schadenquoten in den Kundenbeständen zu senken. Firmenkunden mit einer positiven Schadenentwicklung sind stets gefragt.

Seit über einem Jahr ringen Anwälte, Versicherte, Versicherer und Vermittler um jedes Wort und Komma in den Bedingungen der Ausfall- und Betriebsschließungsversicherungen, um den Versicherungsschutz nach den COVID-19 Lockdowns zu fixieren. Die Bedingungsdetails für den betrieblichen Versicherungsschutz haben es zuweilen in sich. Bleiben die Versicherer von Leistungen frei, fahnden die Geschädigten nach neuen Quellen für einen möglichen Schadenersatz. Im Extremfall treiben sogar Insolvenzverwalter die Suche voran. Es ist fast schon ein Reflex, dabei zunächst den Versicherungsberater ins Visier zu nehmen. Zahlen die Versicherer vertragsgemäß, stehen wiederum dort Recherchen nach weiteren zuständigen Versicherern oder möglichen Schadenverursachern auf den Agenden der Schadenbereiche.

Mehrere beteiligte Versicherer

Hinter den Kulissen der privaten Gebäude- und Hausratversicherungen gehören die Schadenausgleiche aufgrund einer Mehrfachversicherung zur Tagesroutine. Verbinden Mieter bestimmte Sachen, wie z. B. Tapeten oder Bodenbeläge, fest mit dem Gebäude, gehören die Sachen versicherungstechnisch sowohl zum Mieterhaushalt als auch zum Gebäude. Gebäudeversicherer leisten beispielsweise im Wasserschadenfall dann meistens zuerst und bitten den Hausratversicherer danach um eine Beteiligung an fraglichen Schadenpositionen mit einer Mehrfachdeckung. Viele Unternehmen verändern ebenfalls die angemieteten Betriebsstätten: in Lagerhallen arbeiten Deckenkräne, die IT verbaut Kabelschächte unter Putz, Händler mit begehrter Ware verstärken die Einbruchsicherungen, Friseure benötigten spezielle Waschbecken usw. Die wachsende Bedingungsvielfalt der Versicherer-Produkte zur Firmenversicherung schafft für solche Risiken pauschale Lösungen und damit zunehmenden Mehrfachschutz. Neben der Gebäude- und Inhaltsdeckung bewirken unter anderem deckungsstarke Glas-, Technik- und Transportversicherungen, dass z. B. Einrichtungen, Güter oder Kostenpositionen mehrfach versichert sind. Bemerken Vermittler solchen Mehrfachschutz, helfen Hinweise an die betroffenen Versicherer. Die Beteiligung der fremden Versicherungen verringert oft spürbar die Schadenbelastung der eigenen Firmenkundenverträge. Manchmal beginnt so auch ein erster Kontakt zu weiteren interessanten Versicherern oder einer neue Kundenbeziehung.

Suche nach den Verursachern

Schadenverursacher haften i. S. d. BGB für gewöhnlich unbegrenzt und mindestens drei volle Kalenderjahre. Ausnahmen des Gesetzesgebers, wie z. B. für Produkthersteller mit anderen Haftungszeiten und -höhen, bestätigen diese Regeln. Mit einer Beweislastumkehr oder Gefährdungshaftungen erlangen Geschädigte einen leichter Ersatz, falls von Sachen oder Tätigkeiten eine besondere Gefährdung, wie z. B. von Arzneimitteln oder dem Betrieb von Öltankanlagen, ausgeht. Die Verantwortlichen haften sodann entweder per se oder müssen sich zumindest vom Haftungsvorwurf entlasten. Mit jeder Leistung aus einer Schadenversicherung gehen per Gesetz mögliche Ansprüche gegen dritte Verursacher von dem Leistungsempfänger auf dessen Schadenversicherer über. Der Geschädigte soll in solchen Fällen nicht von seinem Versicherer sowie vom Verursacher einen Schadenersatz doppelt einfordern können. Gleichzeitig bleiben Verursacher trotz der fremden Versicherung zu ihrem Schadenersatz verpflichtet. Der Grundgedanke der Gesetzesgeber zum Ausgleich zwischen Versicherern wegen Mehrfachversicherung, nämlich einen Schaden grundsätzlich nur einmal zu ersetzen, wird hier fortgesetzt. Die Haftpflichtversicherungen für freie Berufe, Betriebe, Hersteller, Logistiker etc. decken grundsätzlich auch die Ansprüche von anderen Versicherern, die bereits Leistungen erbracht und den gesetzlichen Forderungsübergang geltend machen.

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