Mehr Angst vor Verlust als Lust auf Gewinn
25.09.2019
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Unzufriedenheit ja, Handeln nein
„Beklage nicht, was nicht zu ändern ist, aber ändere, was zu beklagen ist“, wusste schon vor über 400 Jahren William Shakespeare. Ändern können die Anleger die aktuelle Zinslage nicht – aber ihre Investitionen. Immerhin bei 67 % der Befragten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sie genauer auf die Verzinsung ihres Vermögens achten sollten. Sich aber nach Alternativen umzusehen kommt nur den wenigsten Befragten. Bedenklich: 46 % haben derzeit schlicht keine Lust, verschiedene Anlageformen miteinander zu vergleichen. Sicherlich steht Geldanlage nicht im Verdacht, vergnügungssteuerpflichtig zu sein, aber ob es ein größeres Vergnügen ist, massiv Geld zu verlieren, ist sich sicherlich auch fraglich. 41 % der Befragten halten es für sinnvoll erst einmal abzuwarten, statt ihr Erspartes umzuschichten oder neu anzulegen. Fragt sich nur, worauf diese Befragten warten. Auch wenn die Inflationsrate mit deutlich unter 2 % derzeit alles andere als hoch ist, bedeutet es doch, dass Geld immer noch an Wert verliert und das reine Horten von Bargeld also keine Lösung ist. Dennoch haben schon 26 % der Befragten darüber nachgedacht, angesichts der Niedrigzinsphase mehr Bargeldreserven zuhause aufzubewahren. Für ähnliche viele kommt auch ein verstärkter Konsum in Frage: So gaben 25 % an, sich lieber etwas zu gönnen, als überschüssiges Geld anzulegen. „Die Mini- bzw. Nullzinsen werden uns auf unabsehbare Zeit erhalten bleiben. Wer die Zinsflaute ohne Blessuren überstehen möchte, kann sie nicht einfach aussitzen. Anleger müssen umdenken, ihr Vermögen streuen und andere Renditequellen wie Aktien, Immobilien oder ausgewählte Anleihen erschließen. Der Sparstrumpf ist keine Lösung“, so Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment.
Sachwerte sind gefragt
Zinsen mögen sinken, Sachwerte werden nie derart an Wert verlieren. Entsprechend sind diese für Anleger derzeit auch sehr attraktiv. So halten 79 % der Befragten die Investition in die eigenen vier Wände für attraktiv, jedoch ist dieser Wert gegenüber der Umfrage im zweiten Quartal leicht um drei Prozentpunkte gefallen. Nicht „Betongold“ sondern „richtiges“ Gold halten 57 % der Befragten aktuell für eine interessante Anlagealternative, vier Prozentpunkte mehr bei der Vorquartalsumfrage. Deutlich weniger Interesse besteht an Aktien und Investmentfonds, die von 47 % bzw. 39 % der Befragten als attraktive Investments eingestuft werden. Während die Fonds um lediglich 2 Prozentpunkte in der Gunst der Anleger zulegen konnten, hat sich das Interesse an Aktien offenbar deutlich gesteigert: Bei der Umfrage im zweiten Quartal beurteilten diese nur 39 % als attraktives Investment. Vor allem Besitzer von Investmentfonds finden diese Anlageformen interessant. „Wer einmal die Hürde genommen und in wertpapierbasierte Anlageformen investiert hat, erkennt deren Vorteile und fühlt sich damit auch gut“, meint Giovanni Gay.
Angst vor Verlust lähmt Lust auf Risiko
Dass die Anleger weiterhin auf sichere, aber monetär derzeit nicht einträgliche Anlageformen setzen, hängt wohl vor allem mit der Verlustaversion zusammen, als der Tendenz, Verluste höher zu gewichten als Gewinne – denn an Bereitschaft für mehr Risiko kann es nicht liegen, dass die chancenreichen Investments weiterhin häufig gemieden werden. So halten es 49 % der Befragten es grundsätzlich für sinnvoll, einen Teil des Geldes in chancenreiche Sparformen zu investieren und 43 % haben schon einmal in Erwägung gezogen, monatlich einen festen Betrag in einen Investmentfonds anzulegen. Auch dass die Anleger kein Geld für solche Sparformen haben, kann kein Grund sein: 92 % gaben an, es sich leisten zu können, monatlich 50 Euro in einen Sparplan anlegen zu können. Giovanni Gay sieht die Ursache viel mehr in der aktuellen weltpolitischen Lage: „In unruhigen Zeiten – Stichpunkt Handelskonflikt, globale Konjunktursorgen und die Debatte um den Brexit – haben die Menschen Angst vor Vermögensverlust.“ Deshalb setzen 74 % der Anleger weiterhin auf das gute alte Sparbuch, dessen Erträge aber unter der Inflationsrate liegen. Deshalb richtet Giovanni Gay einen eindringlichen Appell an die Anleger: „Es ist an der Zeit, dass Anleger das Thema Sicherheit bei der Geldanlage mit anderen Augen betrachten. Ihnen muss bewusst werden, dass sie klassische Sparformen im jetzigen Zinsumfeld nicht reicher sondern ärmer machen. Nur diejenigen Produkte sind sicher, mit denen sie ihr Vermögen real vermehren können.“ (ahu)