Mehr als Zahlen, Daten, Fakten
08.03.2022
(v.l..n.r) Chadya Kamal, Daniela Landgraf, Lan Anh Nguyen, Tra My Cheng, Luisa Griwatz und Lisa Brunner @ Foto: © Sabrina Henkel
lvs: Welche Aspekte beschäftigen Frauen besonders oder auch anders – gerade im Vergleich zu Männern? Landgraf» Sicherheit. Das ist immer wieder das Thema. Viele Frauen gehen nicht in die Finanzbranche oder in den Vertrieb, weil sie Angst davor haben, sich selbstständig zu machen oder auf Provisionsbasis zu arbeiten. Und das gleiche gilt auch auf der Seite der Kundinnen. Ich kenne so viele Frauen, gerade in meiner Altersgruppe, die ihr Geld jahrelang auf irgendwelchen dusseligen Sparbüchern liegen lassen und dieses Geld nicht anlegen. Aus Angst vor einer falschen Entscheidung, zum Beispiel davor, dass Aktien nach unten gehen könnten oder vielleicht, nicht die richtige Immobilie zu kaufen. In der Folge bleibt alles so, wie es ist, aus diesem absoluten Sicherheitsbedürfnis heraus. Wie ein Kaninchen, das in der Höhle sitzt und lieber gar nichts macht, als sich in Gefahr zu begeben. Nguyen» Was das angeht, habe ich auch eine ganz andere Herangehensweise. Gerade weil Frauen in Finanzfragen etwas ängstlicher sind, versuche ich sie über ihre Wünsche und Träume zu motivieren. Wenn eine Immobilie – oder sei es nur eine Designer-Handtasche – das Ziel ist, muss dementsprechend ein gewisser Betrag gespart werden. Es geht beim Sparen um den Konsumverzicht in der Gegenwart, also rechne ich rückwärts. Möchte ich innerhalb von zwölf Monaten eine Dior Bag im Wert von 5.000 Euro kaufen, muss ich pro Monat 417 Euro zurücklegen. In der Woche entspricht das einem Sparbetrag von 96 Euro bzw. 13,70 Euro am Tag. Dieser Betrag wird fortan zum emotionalen Referenzpunkt und diszipliniert gespart. Je nachdem sind dafür auch Investitionen oder Aktien eine gute Möglichkeit. Und mit dem Endziel vor Augen steigt die Bereitschaft, auch Risiken einzugehen. Wünsche, Träume und Leidenschaft sind die größten Motivationstreiber, sich mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen. Griwatz» Wobei man sich seine Wünsche über die Jahre auch ein bisschen ausredet. In unserer Gesellschaft bekommt man da schnell einen Dämpfer und es wird immer Bescheidenheit angepriesen, besonders bei uns Frauen. Ich glaube, dadurch verlieren wir ein bisschen unsere Träume aus dem Blick. Das ist mir auch in der Branche aufgefallen. Viele haben irgendwann als Finanzdienstleister gestartet und geraten dann ins Stocken und vergessen, wofür sie überhaupt angetreten sind. Kamal» Bei Frauen merke ich – und deswegen finde ich es so spannend, wie ihr das macht – viele möchten sich eigentlich gar nicht mit dem Thema beschäftigen. Entweder sie finden eine Person ihres Vertrauens, sei es jetzt der Mann oder eben ich als ihre Finanzberaterin. Und dann geben sie das ganze wirklich ab. Da höre ich oft: ‚Mach DU. Ich verstehe eh nichts davon.‘ Oder es wird eben gar nichts gemacht. Beides finde ich sehr kritisch, weil es um Selbstverantwortung geht. Als zweites Thema sehe ich besonders bei Frauen in meinem Alter, also 40plus, auch den Aspekt Sicherheit.
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