Mega-IPO: Investieren in Saudi-Aramco?

05.11.2019

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Klimafreundlicher Ölgigant

In Zeiten weltweiter Sorgen um den Klimawandel könnte ausgerechnet der Kampf gegen CO2 ein weiterer Trumpf für das Öl-Imperium werden. Denn die saudischen Emissionen für die Ölproduktion liegen meilenweit unter denen der anderen großen Produzenten. Sollte also der Ölmarkt angesichts der Klimapolitik schrumpfen, könnte sich Aramco als besonders klimafreundlicher Produzent präsentieren. Das Unternehmen könnte so gesehen von allen Ölfirmen durchaus „the last man standing“ sein.

Selbst wenn Öl in Zukunft als Treibstoff und Energiequelle aussortiert wird, wird es wahrscheinlich dennoch Bedarf für das „schwarze Gold“ geben. Schließlich steckt Öl u.a. auch in Plastik und Petrochemikalien – dort ist es weitaus schwerer zu ersetzen. Aber wie lange reicht das Öl noch? Antwort: lange. Aramco geht davon aus, dass die Ölvorräte des Unternehmens bis ins Jahr 2200 anhalten. Die nachgewiesenen Ressourcen belaufen sich auf unvorstellbare 260 Milliarden Barrel.

Zwischen Diversifikation und internen Machtkämpfen

Gleichzeitig hat Saudi Aramco schon damit begonnen, sich breiter aufzustellen und weniger abhängig vom Öl zu machen. Der wichtigste Schritt ist Aramcos Einstieg in den Markt der Petrochemikalien. Erst im März verkündete der Ölgigant die Übernahme von 70 Prozent von Sabic, dem viertgrößten Chemie-Unternehmen der Welt. Zudem hat Aramco im August 20 Prozent Anteile am Chemie-Zweig vom indischen Konglomerat Reliance gekauft.

Nichtsdestotrotz bleiben für den Anleger auf lange Sicht signifikante Risiken. Sollte sich der Ölmarkt wegen politischer Entscheidungen tatsächlich auf wenige Ölfelder reduzieren, steigt das Risiko von Versorgungsstörungen durch Angriffe oder Unfälle. Außerdem muss das Land Saudi-Arabien selbst als Risiko betrachtet werden. Denn das Königreich ist intern großen Machtkämpfen ausgesetzt, z.B. zwischen ultrakonservativen Klerikern und modernen Kräften.

Die Belohnung für das Risiko

Zudem ist die Herrschaft der saudischen Königsfamilie in Gefahr, sollte ihr die wirtschaftliche Diversifikation des Landes nicht gelingen. Eine Revolution mit all ihrer Unberechenbarkeit wäre für jeden Investor der Alptraum schlechthin. Genauso schädlich wäre eine Invasion. In Anbetracht des sich verschärfenden Konfliktes zwischen Saudi-Arabien und Iran werden Investoren auch diese Gefahr in ihr Urteil einbeziehen müssen.

Als Kompensation dieser Risiken wird Aramco seinen Anlegern offenbar eine großzügige Ausschüttungspolitik anbieten. Im September kündigte das Unternehmen eine Auszahlung von insgesamt 75 Milliarden Dollar für 2020 und darüber hinaus an. Sollte dies als Überzeugungsarbeit nicht genügen, gibt es immer noch den Druck durch den Kronprinzen. Wer in Saudi-Arabien nämlich Geschäfte machen möchte, dürfte damit rechnen zu fleißigen Aktienkäufen von Aramco gedrängt zu werden. So soll der Kurs maximal hoch gehalten werden. (sh)