Mäuse, Movies und Milliarden
30.10.2023
Foto: © Emre Akkoyun, Konstantin Yolshin, AmeriCantaro, Willrow Hood - stock.adobe.com / disney.com
Ein Raunen ging durch die Reihen der Aktionäre und Analysten, als zum Stichtag 1. September 2023 die Aktie der Walt Disney Company auf einen Wert von 81,64 Dollar fiel. Disney gehört mit einem jährlichen Umsatz von rund 75 Mrd. Dollar und einem Gewinn von 10 Mrd. Dollar weltweit zu den fünf größten Medienunternehmen. Dass ausgerechnet zum gehypten 100-Jahre-Jubiläum das Unternehmen mit Streiks und Streamings, Parks und Politik, Kinozahlen und Kulturfragen zu kämpfen hat, trübt die Feierlaune.
Das Maus-Haus wurde 1923 von den Brüdern Walt und Roy Disney gegründet. Ursprünglich installiert als Produktionsstudio von kurzen Zeichentrickfilmen für Kinder, entstanden im Lauf der Jahre aufwändige, abendfüllende Animationsfilme. „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ aus dem Jahr 1937 avancierte in den Kinos zum ersten Millionenerfolg und ebnete den Weg des Unternehmens von der Privatgarage zum Mega-Filmstudio. Doch das Filmbusiness war Walt Disney nicht genug. Der ungekrönte König der Oscars (22 Gewinne und vier Ehrenpreise) wollte schon früh einen Freizeitpark eröffnen, in dem Kinder und Eltern gemeinsam Spaß haben. Die Idee wurde schließlich in den 1950er Jahren umgesetzt: Mit Disneyland Anaheim eröffnete in Kalifornien der erste Disney-Park der Welt. Lange Zeit war er mit jährlich 18 Millionen verkauften Tickets der meistbesuchte Vergnügungspark der Welt. In der Folge entstanden unter Ägide der eigens gegründeten Abteilung Walt Disney Parks and Resorts bzw. Disney Parks, Experiences and Products das Walt Disney World Resort in Florida (1971). In Asien eröffnete das Tokyo Disney Resort (1983) und Shanghai Disney Resort (2016), in Europa wurde 1992 das Disneyland Paris stationiert.
Attraktives Gesamtpaket aus Film, Park und Merchandising
Die unter vermarktungstechnischen Gesichtspunkten perfekte Kombination aus der Produktion von familientauglichen Kino- und Fernsehfilmen und dem darauf aufbauenden Merchandising-Apparat machte aus Disney das erste globale Medienunternehmen. Der vertikal strukturierte Firmenaufbau stellte die überaus beliebten Disney-Figuren in den Mittelpunkt, woraus Comicstrips, Merchandise-Produkte, Soundtracks und Hörspiele, Parkattraktionen etc. entstanden. Das stets wachsende Filmarchiv stärkte wiederum die langfristige Fernsehvermarktung. Gleichzeitig erhöhte die breite Produktpalette die Attraktivität des Gesamtpakets und damit die Nachfrage nach den Filmen. Von „Cinderella“ bis „Peter Pan“, von „101 Dalmatiner“ bis zum „Dschungelbuch“ – ikonische Produkte einer gut geölten Geldmaschine.
Nach dem Tod von Gründer Walt Disney im Jahr 1967 erlebte das Maus-Haus einige kreative und finanzielle Krisen. Vor allem in den 80ern sorgten veritable Flops an der Kinokasse für drastisch sinkende Gewinne und Aktienkurse, was den damaligen CEO Michael Eisner veranlasste, kurzfristig die Animationsabteilung zu schließen. Erst mit dem Medium Videokassette konnte Disney neue Geschäftsbereiche aufbauen und die Umsatzzahlen wieder steigern. Neben der Produktion von eigenen Inhalten ging Disney ab den 90er Jahren dazu über, Kooperationen mit Medienunternehmen einzugehen oder diese komplett zu übernehmen. Zur „Disney-Renaissance“ mit modernen Klassikern wie „Arielle, die Meerjungfrau“, „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“, „Der König der Löwen“, „Pocahontas“, „Der Glöckner von Notre Dame“ oder „Tarzan“ arbeitete man beispielsweise lange mit dem erfolgreichen Animationsstudio Pixar („Toy Story“) zusammen, um es sich im Jahr 2006 im Rahmen eines Aktientauschs einzuverleiben. Bis 2019 folgten etablierte Unternehmen und spektakuläre Marken wie Miramax Films, Jim Hensons Muppets, Marvel, Lucasfilm und große Teile der 21st Century Fox.
Mit Disney+ den globalen Streaming-Markt aufgemischt
Heute ist The Walt Disney Company vor allem in zwei Segmenten tätig: Disney Media and Entertainment Distribution und Disney Parks, Experiences and Products. Das Unternehmen ist in der Produktion und dem Vertrieb von Filmen und TV-Inhalten tätig und betreibt TV-Sender wie ABC, Disney, ESPN, Freeform, FX, Fox, National Geographic und Star. Im November 2019 wurde der eigene Streamingdienst Disney+ in den USA gelauncht, der als direkte Konkurrenz zum bisherigen Klassenprimus Netflix gesehen wurde. Gerade durch sein umfangreiches Archiv aus eigenen Produktionen und etablierten Marken zählt der Dienst zu den größten und beliebtesten Streaming-Plattformen weltweit und hat über 100 Millionen Benutzer.
Die schönsten Geschichten seit 100 Jahren?
100. Jubiläum des Mäusekonzerns hätte also ein durchaus rauschendes Fest werden können. Weltweite Ausstellungen, Shows, Live-Events, Park-Specials, Sonder-Kooperationen, Online-Angebote und vieles mehr standen und stehen unter dem Motto „100 Years of Wonder“. Offiziell liest sich das so: „Seit 100 Jahren ist unsere Leidenschaft Geschichten zu erzählen, von einer Generation zur nächsten. Die schönsten Geschichten bleiben für immer. Durch Euch wurde dieser Traum wahr.“
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