Mäuse, Movies und Milliarden
30.10.2023
Foto: © Emre Akkoyun, Konstantin Yolshin, AmeriCantaro, Willrow Hood - stock.adobe.com / disney.com
Trotz allem läuft es nicht ganz rund zum Mega-Micky-Maus-Event. Das Jahr 2022 markierte für Disney mit einem Verlust von 44 Prozent das schlechteste Börsenjahr seit 1974. Die Disney-Aktie, gestartet mit einem Eröffnungskurs von 83,64 Dollar, kam zum 1. September nur noch auf 81,64 Dollar (75,30 Euro), Tendenz fallend. Von dem 197-Dollar-Hoch aus dem Frühjahr 2021 ist der Konzern also weit entfernt. Laut Börsendiensten hat Disney derzeit eine Marktkapitalisierung in Höhe von 161 Mio. Dollar. Dabei liegt das 52-Wochen-Tief der Aktie bei 86,9 Dollar und das 52-Wochen-Hoch bei 127,53 Dollar. Aktuell liegt der Kurs also 56,95 % hinter dem 52-Wochen-Hoch. Disneys Performance innerhalb von sechs Monaten liegt bei -20,30 %, in den vergangenen zwölf Monaten bei -32,73 % und in den zurückliegenden drei Jahren bei -32,89 %. Die Gründe für diese eher ernüchternden Ergebnisse sind zum Teil hausgemacht: Disney steht vor einem riesigen Schuldenberg in Höhe von 103,3 Mrd. Dollar. Zwar setzte man im 2. Halbjahr des Geschäftsjahres 2022/23 (Stichtag: 31. März) 45,3 Mrd. Dollar um – der Nettogewinn stieg laut Firmenangaben um 57 % auf 2,5 Mrd. Dollar – doch nach dem 1. Halbjahr musste der aktuelle CEO Bob Iger auf einer Analysten-Pressekonferenz einen Verlust von 460 Mio. Dollar bekanntgegeben.
Flops an der Kinokasse, Gegner in der Politik
Die Anzahl der Abonnenten bei Disney+ ist rückläufig, und aus Kostengründen wurden viele Formate aus dem Angebot entfernt. Die Sparte türmt inzwischen einen Verlust von rund 10 Mrd. Dollar auf. Von seinem Ziel, den Streamingdienst bis 2024 profitabel zu machen, ist Bob Iger weit entfernt. Im Kinogeschäft musste der Konzern herbe Verluste hinnehmen. Filme wie „Arielle, die Meerjungfrau“, „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“, „Elemental“ und zuletzt „Geistervilla“ erwiesen sich als finanzielle Flops. Lediglich der Marvel-Film „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ konnte Erfolge verbuchen. Disney hat – gewollt oder ungewollt – den Groll der Politik auf sich gezogen: Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis will Disney die Steuersonderrechte für seine Freizeitparks in Florida streichen. Grund dafür ist ein neues Gesetz, das Schulunterricht über Sexualität und Geschlechtsidentität einschränkt – was Disney öffentlich kritisiert. Der gesamte „Wokeness“-Streit hat sich bei Disney intern zur Kulturfrage hochgejazzt. Setzt man – wie zuletzt bei den Kinofilmen – auch auf Charaktere, die beispielsweise schwul, schwarz sind oder eine Behinderung haben? Konservative Gruppen in den USA rasen vor Wut und kritisieren das sonst so traditionell und familienfreundlich ausgerichtete Unternehmen. Und schließlich sorgen die aktuellen Streiks der Schauspieler und Drehbuchautoren in Hollywood für massive kreative und finanzielle Probleme: Angekündigte Projekte können nicht realisiert werden, Serien und Kinofilme verteuern sich aufgrund der Gewerkschaftsforderungen. Vor diesen Hintergründen verwundert es kaum, dass Bob Iger auf der Analysten-Konferenz ankündigte, Disney neu aufzustellen zu wollen und aus diesem Grund rund 7.000 Arbeitsplätze zu streichen. „Es ist Zeit für eine weitere Transformation“, so der Disney-Chef, der die Zukunft des Imperiums im Zusammenspiel von Filmstudios, Themenparks und Streaming sieht. (sg)