MainSky AM: Die Wende ist näher als viele glauben

05.06.2020

Daniel Pfändler, Portfoliostratege MainSky Asset Management / Foto: © MainSky Asset Management

Fiskalpolitische Maßnahmen erreichen neue Dimension

Hinzu kommen die in ihrem Umfang erheblich kräftiger als ursprünglich erwartet ausfallenden fiskalischen Konjunkturprogramme wichtiger Nationalstaaten. So hat der IWF errechnet, dass bis zum 13. Mai die G20-Länder Konjunkturprogramme und Hilfspakete (ohne Kredite/Garantien) einen Umfang von rund 4,4 Billionen US-Dollar oder 4,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung angekündigt haben. Andere Länder dürften in den nächsten Wochen folgen. In Deutschland hat der Koalitionsausschuss gestern neue Maßnahmen im Umfang von rund 130 Milliarden Euro verabschiedet. Ein Teil der Ausgaben wie etwa die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer und Zahlungen an Familien stützen die Nachfrage der Privathaushalte und sind sehr schnell wirksam. Als wichtig erachten wir aber auch die verbesserte Rückrechnung von Verlusten für Unternehmen. Eine größere Zahl von Unternehmen dürfte in diesem Jahr Verluste schreiben. Eine Verrechnung mit Gewinnen des vergangenen Jahres sorgt dabei gerade für kleinere Unternehmen, die im Vorfeld der Corona-Krise „gesund“ waren, aufgrund der hohen Unternehmenssteuern in Deutschland von rund 30 Prozent für eine deutliche Verbesserung der Liquidität und der Solvenz, weil die Rückzahlung vergangener Steuern das Eigenkapital stärkt. Auch in den USA wird im Kongress über ein weiteres großes Fiskalpaket verhandelt und in Großbritannien soll ebenfalls vor den Sommerferien ein solches Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht werden.

Risiko einer zweiten Welle abgeschwächt

In der Folge dürfte der jetzt beginnende Wirtschaftsaufschwung sehr wahrscheinlich kräftiger ausfallen als aktuell erwartet, solange eine zweite Infektionswelle mit erneuten Lockdowns ausbleibt. Allerdings sollte in diesem Risikoszenario einer „zweiten Welle“ nicht mehr die gleiche Strategie zur Anwendung kommen wie bei der ersten Welle. So dürfte mit erneuten einschränkenden Maßnahmen regional erheblich variabler vorgegangen und nicht mehr ganze Länder in einen Lockdown versetzt werden. Hinzu kommt, dass stetig Fortschritte bei den Behandlungsmöglichkeiten erzielt werden und der Schutz vulnerabler Personengruppen passgenauer ausgebaut werden kann. Entsprechend ist das Risiko erheblich geringer, dass sich die Situation aus dem Frühjahr mit nahezu kompletten Lockdowns wiederholt.

Umfeld für europäische Aktien hat sich verbessert

Mit einer Erholung der Wirtschaftsaktivität einhergehen dürfte auch eine Stabilisierung der Gewinnerwartungen. Gleichzeitig können die Aktienmarktbewertungen (Kurs-Gewinn-Verhältnisse) vor dem Hintergrund weiterer Lockerungsschritte wichtiger Zentralbanken und damit einer äußerst expansiven Geldpolitik höher tendieren. In diesem Umfeld können nun auch wachstumssensitivere Sektoren performen. In Kombination mit der von uns erwarteten Einigung über einen „Recovery Fund“ in der Europäischen Union hat sich damit gerade auch das Umfeld für europäische Aktien verbessert und entsprechend haben wir unser Exposure erhöht. Insgesamt aber bleiben trotz der sich abzeichnenden zyklischen Wachstumserholung die Risiken für einen längeren Zeitraum deutlich erhöht, gerade aufgrund protektionistischer Tendenzen sowie einer potentiellen Entkoppelung von China und den USA. Das Trendwachstum dürfte in Folge der Krise weiter sinken, die globale Verschuldung ansteigen und die finanzielle Repression zunehmen.

Kommentar von Daniel Pfändler, Portfoliostratege MainSky Asset Management