LV: Überschüsse auf dem Rückzug

10.02.2021

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Markt löst sich vom Höchstrechnungszins

Immer mehr Anbieter legen mittlerweile einen individuellen Garantizins zugrunde, der meist bei 0,5 oder 0,25 % , teilweise sogar noch darunter, liegt. Somit hat sich der Markt endgültig vom aktuell immer noch gültigen Höchstrechnungszins von 0,9 % gelöst. Die Allianz verkündete in diesem Zusammenhang im Herbst, dass sie im Neugeschäft künftig bis auf wenige Ausnahmen keine 100 %-ige Garantie der eingezahlten Beiträge mehr anbieten werde (finanzwelt berichtete). „Eine Reihe von Gesellschaften sind diesen Schritt bereits in den letzten Jahren gegangen und viele werden dem Marktführer hier folgen“, prognostiziert Lars Heermann. Von den 26 Studienteilnehmern, die Tarife der neuen Klassik anbieten, bieten fünf eine anteilige und neun keine Beitragsgarantie mehr an. „Die Abkehr von der vollständigen Beitragsgarantie bei der Mehrheit der Tarife ist ein klares Signal dafür, dass sich hohe Garantien mit dem Dauerzinstief am Kapitalmarkt nicht vertragen“, so Heermann weiter.

Sinkende Verzinsung in Neuer Klassik

Die Reduzierung der Garantien geht aber nicht zu Gunsten der Verzinsungen: So sank laut der ASSEKURATA-Untersuchung die laufende Verzinsung in der neuen Klassik im 0,15 Prozentpunkte auf 2,13 %. Der einzige Anbieter, der seine laufende Verzinsung erhöhte, war die HDI, die statt 2,13 % nun 2,2 % zahlt. 14 weitere Anbieter haben ihre Verzinsung gesenkt. Die höchste laufende Verzinsung zahlt die Ideal mit 3 %.

Im arithmetischen Mittel liegen die neuen klassischen und die klassischen Tarife bei der laufenden Verzinsung exakt demselben Niveau. „Die verwundert auf den ersten Blick, da angesichts der reduzierten Garantien eine höhere Verzinsung bei der Neuen Klassik zu erwarten wäre,“ so Lars Heermann. „Vergleicht man jedoch ausschließlich diejenigen Anbieter, die in ihrem Neugeschäft parallel für die Klassik und die Neue Klassik deklarieren, erkennt man eine Abstufung“. So weisen die 14 Anbieter, die beide Produktsegmente bedienen, in der Klassik im Schnitt eine laufende Verzinsung von 2,08 % aus, in der Neuen Klassik hingegen von 2,13 %. Noch deutlicher wird der Unterschied bei der Gesamtverzinsung und der illustrierten Beitragsrendite. So liegt hier die Neue Klassik mit 2,83 % bzw. 2,31 % deutlich über der Klassik, die hier Werte von 2,73 bzw. 1,88 % aufzuweisen hat. In Anbetracht der reduzierten Beitragsgarantien weist jedoch mittlerweile jeder dritte Tarif eine negative Beitragsrendite auf, die im Schnitt bei minus 0,24 % liegt.

Nach der Ansparphase verringern sich zudem die Leistungsversprechen für die Auszahlungsphase der Verträge, wenn Kunden in den Rentenbezug übergehen. Festmachen lässt sich dies an der garantierten monatlichen Mindestrente, die Anbieter für einen neuen klassischen Mustervertrag mit einem Jahresbeitrag von 1.200 Euro und 35 Jahren Laufzeit gewähren. Im Spitze lieg die garantierte Rente zwar weiterhin bei über 120 Euro, jedoch liegt der Marktdurschnitt mittlerweile nur noch bei 106 Euro, Tendenz fallend. Vor zwei Jahren sagten die Lebensversicherer durchschnittlich noch acht Euro mehr an Monatsrente verbindlich zu. „Auch an der Rentenhöhe wird deutlich, dass sich das Risiko ein Stück weit mehr auf die Kunden verlagert, weil der garantierte Anteil geringer ausfällt“, schlussfolgert Dr. Reiner Will. „Umso wichtiger ist die Aussicht auf Überschüsse jenseits der Garantie, die aber der Höhe nach unverbindlich sind.“