Konten mit Grenzen: Expats und Nomads zahlen noch immer versteckte Gebühren
01.02.2024
Thomas Adamski, EMEA PR-Lead bei Wise - Foto: © Wise
In einer Zeit, in der wir uns nicht mehr zwangsläufig an einen festen Arbeitsort binden müssen, zieht es viele Menschen dank Internet, Globalisierung und dem Home-Office-Trend ins Ausland. Die bürokratischen Hürden für ein Home-Office im europäischen Raum mögen überschaubar sein, doch die finanzielle Organisation eines Lebens im Ausland birgt ihre eigenen Herausforderungen. Lenard von Stockhausen, Chefredakteur von finanzwelt, hat sich mit Thomas Adamski, EMEA PR-Lead bei Wise, einem Anbieter für Multiwährungskonten und Lösungen im internationalen Zahlungsverkehr, darüber unterhalten, wie sich Expats und Digital Nomads optimal in ihrem neuen Heimatland finanziell aufstellen können.
finanzwelt: Herr Adamski, inwiefern hat die zunehmende Globalisierung die Anforderungen an Finanzdienstleistungen für internationale Reisende verändert?
Thomas Adamski: Die Globalisierung und weltweite Vernetzung verändert die Anforderungen an Finanzdienstleistungen für internationale Reisende maßgeblich. Noch nie war es so einfach, sich auf der Welt zu bewegen. Sei es als Reisender oder als Freelancer:in/Mitarbeiter:in, der sein Home-Office in fremde Gefilde verlegen möchte. Dadurch erkennen auch viele Unternehmen, dass sie Menschen, die auf der ganzen Welt ansässig sind, einstellen und so einen größeren Pool an Talenten für sich gewinnen können. Durch diese wachsende Mobilität ist die Nachfrage nach effizienten, kostengünstigen und global ausgerichteten Finanzlösungen, die sich an ein zunehmend „grenzenloses” Leben richtet, gestiegen.
Ein Beispiel: Freelancer:innen, die als sogenannte Digital Nomads im Ausland leben und arbeiten, erhalten oft Honorare und Gehälter aus der ganzen Welt, unter Umständen auch in verschiedenen Währungen. Traditionelle Bankdienstleistungen stoßen oft an ihre Grenzen, sobald es um Fremdwährungen geht, sei es durch unvorteilhafte Wechselkurse oder besonders kostspielige Auslandsüberweisungen. Mit Wise wollen wir diesen neuen Anforderungen gerecht werden.
finanzwelt: Was sind die größten Herausforderungen für Expats und Digital Nomads in Europa?
Adamski: Eine der größten Herausforderungen für Expats und Digital Nomads in Europa besteht darin, ihre finanzielle Situation in einem neuen Land zu organisieren. Einen Mietvertrag bekommt man nur selten ohne Bankkonto – und ein Bankkonto nur selten ohne festen Wohnsitz. Ein Dilemma, das mitunter lange Wartezeiten in Anspruch nehmen kann. Ein anderes Problem, von dem uns unsere Kund:innen berichten ist IBAN-Diskriminierung: Wer in Deutschland mit einem ausländischen Konto bezahlen will, zum Beispiel bei Anbietern, die ein Deutschlandticket verkaufen, hat ein Problem mit seiner ausländischen IBAN. Das ist tatsächlich ein weitverbreitetes Problem, obwohl dies laut EU-Richtlinie verboten ist. Seit 2021 haben wir mit unserer Initiative „Accept my IBAN” europaweit mehr als 3200 Fälle erfasst. Aber auch Internet- und Mobilfunkverträge lassen sich häufig nicht mit einer ausländischen IBAN bezahlen. Kein Internet, kein Handy und kein Bahnticket: Für frisch Zugezogene ein großes Problem, das in der Konsequenz bedeutet, dass diese gezwungen sind, ein Konto bei einer Bank des jeweiligen neuen Heimatlandes zu eröffnen.
finanzwelt: Wise ist spezialisiert auf grenzübergreifenden Zahlungsverkehr. Wie kann man sich vor unerwarteten Gebühren, insbesondere im Zusammenhang mit internationalen Banktransaktionen, schützen?
Adamski: Unsere beiden Gründer Taavet und Kristo haben das Problem selbst erfahren müssen: Einer war in London und der andere in Tallinn und sie wollten Geld zwischen ihren Banken in Estland und Großbritannien überweisen. Aber es kam weniger an als erwartet, weil der Wechselkurs schlechter war, als jener, den man beispielsweise. bei Google findet. Das Geheimnis: Banken und andere Dienstleister schlagen auf den Währungskurs noch einmal eine Extragebühr drauf, an der sie zusätzlich verdienen. Das führte vor 13 Jahren zur Gründung von damals noch TransferWise. Trotzdem gibt es immer noch Anbieter, die mit „Null Gebühren”-Angeboten locken und nur im Kleingedruckten auf Wechselkursaufschläge hinweisen. Das ist intransparent und kostet: Allein in einem Jahr werden global rund 175 Milliarden Euro an versteckten Gebühren bezahlt. Verbraucher:innen können sich vor allem schützen, indem sie Preise vorab vergleichen und das Kleingedruckte genau lesen. Das ist allerdings nicht so einfach, weil die Gebührenstrukturen und gerade auch verwendete Kurse zum Teil sehr undurchsichtig sind. Viele Institute erlauben außerdem den kostenfreien Transfer in Euro in ein Nicht-Euro-Land innerhalb der SEPA-Zone. Sobald der Betrag im anderen Land in die lokale Währung umgerechnet wird, verlangt die dortige Bank eine Gebühr für die Umrechnung. Es kommt also weniger an, als eigentlich gedacht. Wer international Geld verschickt, sollte daher unbedingt den Devisenmittelkurs recherchieren, beispielsweise bei Google oder Reuters. Bei Wise verwenden wir immer den Devisenmittelkurs und zeigen vorab genau auf, was auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben wird und welche Gebühren anfallen.
finanzwelt: Welche Vorteile bietet ein Multi-Währungs-Konto im Vergleich zu herkömmlichen Konten für Expats und Digital Nomads?
Adamski: Ein Multi-Währungs-Konto bietet zahlreiche Vorteile. Durch die Möglichkeit, mehrere Währungen gleichzeitig zu halten, ist es besonders für Expats, die regelmäßig zwischen Ländern mit unterschiedlichen Währungen wechseln, geeignet. Zudem ermöglicht es die Verwaltung mehrerer persönlicher Bankverbindungen, über die Geld empfangen werden kann. Dies ist besonders vorteilhaft für Digital Nomads, die beispielsweise in Land A leben, in Land B eingewandert sind und ihre Einkünfte aufgrund ihrer Freelancer-Tätigkeit aus Land C erhalten. Ein Multi-Währungs-Konto spart somit Zeit, Aufwand und vor allem Nerven.
finanzwelt: Wie kann man langfristige finanzielle Ziele setzen und erreichen, während man in verschiedenen Ländern lebt und arbeitet?
Adamski: Es ist entscheidend, langfristige finanzielle Ziele sorgfältig zu planen und auf die Lebenssituation als Expat oder Digital Nomad abzustimmen. Im Wesentlichen unterscheidet sich dies allerdings nicht vom Leben im Heimatland: Eine umsichtige Budgetplanung und regelmäßige Überprüfung der finanziellen Ziele ist unerlässlich. Hierbei gilt es jedoch einige zusätzliche Punkte zu berücksichtigen: Welche Gebühren zahle ich, welche in der Heimat nicht erhoben werden würden? Welche Versicherungen, Dienstleistungen etc. muss ich im Ausland nutzen, aber nicht zu Hause? Wie wirkt sich dies auf meine steuerliche Situation aus? Wie lässt sich möglichst viel Geld und Zeit sparen?
finanzwelt_ Wie weit verbreitet ist das Wissen unter Expats und Digital Nomads über digitale Lösungen zur Bewältigung ihrer finanziellen Herausforderungen?
Adamski: Expats und Digital Nomads sind super vernetzt, gerade über digitale Plattformen, und es gibt zahlreiche Portale, um sich über Tipps und Tricks auszutauschen, insbesondere für finanzielle Angelegenheiten und wie man sparen kann. Das Bedürfnis, möglichst viel vom Smartphone oder Laptop und ohne Papierkram zu erledigen, ist gerade in dieser Gruppe besonders ausgeprägt. Bei Wise kommen über 60% aller Nutzer:innen über Mund-zu-Mund-Propaganda, weil viele ihre Erfahrungen teilen und uns dann weiterempfehlen.
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