Kommt der 10.000 Euro Schein?
03.12.2019
Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln / Foto: © Portfolio Concept
Bis zu 1783 Pressen waren gleichzeitig im Einsatz
Von einer Hyperinflation sprechen Ökonomen ab einer Verteuerung von 50 Prozent im Monat. In der Endphase betrug die Inflationsrate 1923 zigtausend Prozent pro Monat. Im täglichen Leben kam es immer häufiger zu völlig absurden Situationen. Da bestellte man im Café zwei Tassen Kaffee für je 5.000 Mark und erhält am Ende eine Rechnung über 14.000 Mark. In der Zwischenzeit war der Preis gestiegen, man hätte beide Tassen gleichzeitig bestellen müssen. Neben der Reichsdruckerei waren zeitweise über 130 weitere Betriebe damit beschäftigt Geldnoten herzustellen. Insgesamt waren bis zu 1783 Pressen im Einsatz. Angestellte brachten Rucksäcke mit zum Gehaltsbüro, um das Geld zu verstauen und danach sofort auszugeben. Viele Betriebe zahlten den Arbeitern Ihren Lohn bereits jeden Morgen aus, Ihre Frauen warteten am Werkstor, nahmen das Geld in Empfang und eilten in die Geschäfte. Spätestens wenn mittags der neue Dollarkurs veröffentlicht wurde, war das Geld wieder weniger Wert.
Aktionäre konnten ihr Vermögen zum Teil erhalten.
„Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen„, lautete der Gassenhauer jener Tage. Deutschland befand sich über Monate in einem geldpolitischen Ausnahmezustand. Die Menschen prassten und lebten in den Tag hinein, eine regelrechte Kaufpanik hatte die Bevölkerung erfasst. Denn Ware war ausreichend vorhanden, es fehlte nur das stabile Geld um sie zu kaufen. Das einzige was wirklich zählte waren Sachwerte. Diamanten und Münzen, aber auch Antiquitäten, Klaviere oder Kunst und natürlich Devisen. Die Dummen waren all jene, die über Geldvermögen verfügten. Die Sparer, die Inhaber von Staatsanleihen oder die Rentner, die Bürger, die Einkommen bezogen, ohne zu arbeiten. Große Teile der Mittelschicht wurden praktisch über Nacht enteignet. Getroffen wurden auch die Aktionäre. Zwar vervielfachten Aktien in die Inflationsphase innerhalb weniger Monate ihren Wert, gaben die Gewinne danach aber auch genauso schnell wieder ab. Wer allerdings diese Ausschläge durchhielt, konnte in der Hyperinflation mit Aktien sein Vermögen zumindest zum Teil erhalten.
Der Hundert Billionen Mark Geldschein
Zum Höhepunkt der Inflation, am 2. Dezember 1923, wurde ein Dollar zu 4,21 Billionen Reichsmark gehandelt. Bereits am 25.Oktober des gleichen Jahres hatte die Reichsbank die Hundert Billionen Mark Note herausgebracht, der höchste je in Deutschland ausgegebene Geldschein. Kurze Zeit später wurde eine neue Währung, die Rentenmark, geschaffen. Es hieß, die neue Währung sei gedeckt durch den Grundbesitz der Industrie und der Landwirtschaft. Das war natürlich Fiktion, kein Unternehmer oder Bauer hätte sein Vermögen für Geld gegeben. Aber es wirkte, die Deutschen sehnten sich nach Stabilität und vertrauten der neuen Währung. Gewinner waren jetzt alle, die hoch verschuldet waren. Allen voran der Staat. Gemäß dem Grundsatz „Mark = Mark“ konnten Kredite, die bei einem stabilen Kurs aufgenommen worden waren, mit entwerteter Währung zurückgezahlt werden. Kriegsschulden des Staates in Höhe von 154 Milliarden Mark beliefen sich, als am 15. November 1923 die neue Währung Rentenmark eingeführt wurde, auf gerade einmal 15,4 Pfennige. Wer sich etwa 1921 für ein Haus oder anderweitigen Grundbesitz verschuldet hatte, der war über Nacht seine Schulden los.
Warum das Risiko einer Inflation oft überschätzt wird, lesen Sie auf Seite 3.