KI ist größte Herausforderung seit Industrialisierung

29.05.2019

Adrian Roestel, Leiter Portfoliomanagement bei Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung / Foto: © Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung

Besonders weitreichende Pläne in Sachen KI hat China, welches bis 2030 zum weltweit führenden Innovationszentrum bei künstlicher Intelligenz werden will. Die Regierung stellt hierfür milliardenschwere Förderprogramme zur Verfügung. China will tonangebend sein in einer Technologie, die die Wirtschaft und das Militär von morgen bestimmen wird. Daher wird Künstliche Intelligenz bereits heute schon zunehmend im tagtäglichen Leben eingesetzt. Viele Bürger Chinas betrachten KI als notwendig, damit sich die Gesellschaft weiterentwickeln kann. Eine ungestüme Technikgläubigkeit hat das Land erfasst. So gibt es in Beijing ein volldigitalisiertes Restaurant, in dem kleine Roboter das bestellte Essen servieren und KI-Systeme die Sauberkeit in der Küche oder die Kühlketten überwachen. In einem Stadtteil von Shenzhen wiederum existiert ein Kontrollzentrum, wo alle Bewegungen in Echtzeit erfasst werden. Das Konzept wurde mit Hilfe des IT-Konzerns Huawei entwickelt, um die Verwaltung der Stadt effizienter zu machen und die Aufklärungsquote von Verbrechen zu erhöhen. Diese totale Überwachung ist nur mit Hilfe von abertausenden Kameras auf Gehsteigen, in Treppenhäusern oder Bussen möglich.

Auch in einigen ausgewählten chinesischen Schulen wird der Einsatz von KI getestet. So wird zum Teil mit Hilfe von Gesichts-, Bewegungs- und Stimmerkennung das Verhalten der Schüler aufgezeichnet und in fünf Kategorien eingeordnet. Diese lauten: Reden mit dem Nachbarn, unaufmerksam sein, Notizen machen, dem Lehrer zuhören und Fragen des Lehrers beantworten. Einmal pro Sekunde wird das Geschehen im Klassenzimmer erfasst. Auch ein Leistungsvergleich der Lehrer ist möglich. So lässt sich mit den Systemen messen, ob der Lehrer einen Frontalunterricht abhält oder in Interaktion mit den Schülern tritt. Mit Hilfe von Stimmerkennung wird gemessen, welcher Unterrichtsstil vom Lehrer bevorzugt wird. China verfolgt den Plan, in Zukunft quasi jeden Einwohner innerhalb von drei Sekunden an jedem Ort identifizieren zu können.

Diese Beispiele veranschaulichen, wie revolutionär die neuen, auf künstlicher Intelligenz beruhenden Technologien sind. Auf uns Menschen kommen dadurch ganz neue Herausforderungen zu. Wir werden lernen müssen, mit Systemen zu arbeiten, die selbst in der Lage sind zu lernen. Ein kritischer Umgang ist aber vonnöten. Denn die Transparenz eines jeden Menschen wird immer sichtbarer. In China profitiert davon der Staat, im Westen sind es die großen IT-Konzerne.

Kolumne von Adrian Roestel, Leiter Portfoliomanagement bei Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung