Kapitalmärkte vs. Corona

25.03.2020

Georg Seil, Geschäftsführer Georg Seil Consulting / Foto: © Fotostudio Kutscha

Welche Entwicklung erwarte ich für die einzelnen Asset-Klassen?

Der vorübergehende Zinsanstieg wird sich wieder abflachen. In dem jetzigen Szenario wird kein Platz für Zinserhöhungen sein und zur Not werden die Märkte von der EZB und anderen Notenbanken solange es nötig ist, manipuliert. Ich gehe davon aus, dass der jüngste Anstieg durch Gewinnmitnahmen von Anlegern sowie durch Eindeckungen von Leerverkäufern hervorgerufen wurde.

Die Aktienmärkte sind trotz der hohen Verluste noch nicht an ihren niedrigsten Punkten angelangt. Erst wenn wir berechtigte Hoffnungen auf eine Behandlungsmöglickeit und einen Impfstoff gegen Corona haben können, wird sich zeigen, dass die Aktienkurse viel zu negativ die Zukunft antizipiert haben. Erst dann werden Faktoren, wie das KGV, die Dividendenrendite, das Ertragspotential sowie die Substanz wieder eine Bedeutung erlangen. Es ist sehr schwer zu sagen, auf welchem Niveau dies erfolgen wird. Auch das Gold hat unter Gewinnmitnahmen sowie Termingeschäften gelitten. Kaum eine Asset-Klasse hatte noch soviel Speck auf den Rippen wie das Gold. Da wir leider damit rechnen müssen, dass uns die Pandemie noch länger begleiten wird, könnte ich mir gut vorstellen, dass sich der Goldpreis relativ stabil verhalten wird und sogar eher wieder Aufwärtspotential besitzt.

Wie aber wird sich die Krise auf die Immobilienmärkte auswirken? Als Substanzwert mit im Allgemeinen längerfristig stabilen Erträgen, im Gegensatz zu den Aktien, werden sich Immobilien zwar relativ besser entwickeln, aber die Krise der Realwirtschaft wird auch hier Spuren hinterlassen. Von der Zinsseite droht, im Gegensatz zu früheren Entwicklungen, keine unmittelbare Gefahr. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Staat Mietern helfen wird, die ihre Mieten nicht mehr zahlen können. Hier wäre vorstellbar, dass für eine gewisse Zeit keine Kündigungen durch Vermieter ausgesprochen werden dürfen, wenn die Mieten ausbleiben. Dies wiederum kann auch bei Wohnungsmieten zu Einnahmeverlusten führen, die wiederum zu Rendite- oder Finanzierungsproblemen führen können. Trotzdem erwarte ich keine Einbrüche bei den Immobilienpreisen von Wohnimmobilien, aber temporäre Preiskorrekturen von Übertreibungen. Käufer haben keine Eile, Immobilien zu erwerben, Verkäufer jedoch, die unter Druck stehen, könnten sich zu Preiszugeständnissen gezwungen sehen. Deutlich problematischer sehe ich Gewerbe-und Spezialimmobilien, die wegen der zu erwartenden Pleitewelle wesentlich stärker als Wohnimmobilien leiden werden. Insbesondere bei noch nicht im Bau befindlichen, sondern nur geplanten und sogar bereits genehmigten Projekten wird sich die Realisation verzögern. Die Verminderung des Angebots wird aber dennoch kurzfristig nicht zu positiven Preiseinflüssen führen. Insgesamt ist dies kein schöner Ausblick. Die Dauer der Probleme und Korrekturen wird im Wesentlichen davon abhängen, ob es in absehbarer Zeit, also in 3 bis 6 Monaten, gelingt, die Krise in den Griff zu bekommen. Vorsicht war auch in der Vergangenheit ein guter Ratgeber, Panik nicht.

Gastbeitrag von Georg Seil, Geschäftsführer Georg Seil Consulting