Italienische Verhältnisse – no panic?!
03.03.2013
Ulrike Rondorf - Commerzbank AG
**Der Wahlausgang in Italien hat seine Wirkung auf die Märkte nicht verfehlt. Es ist das eingetroffen was von vielen Marktanalysten und Wahlexperten befürchtet wurde. Italien befindet sich in einer politischen Patt Situation. Vor diesem Hintergrund haben wir Marktteilnehmer zur Zukunft Italiens befragt. Numero uno: *Ulrike Rondorf, Commerzbank-Volkswirtin.***
*finanzwelt:* Italien hat gewählt und wir sind zum aktuellen Zeitpunkt genauso schlau wie vor der Wahl. Was bedeutet das politische Patt für den italienischen Finanzmarkt?
Rondorf: Wir erwarten, dass die Staatsschuldenkrise trotz der beträchtlichen Risiken in Italien vermutlich nicht eskalieren wird. Die neue zehnjährige italienische Benchmarkanleihe ist am Mittwoch nach der Wahl trotz des äußerst schwierigen Marktumfeldes auf eine gute Nachfrage gestoßen. Das verdeutlicht, dass die Investoren nach wie vor gewillt sind, italienische Staatsanleihen zu kaufen, da sie darauf vertrauen, dass die EZB tatsächlich im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen würde.
finanzwelt: Was wäre aus Investorensicht die „beste" Lösung - Neuwahlen?
Rondorf: Nach Artikel 88 der italienischen Verfassung darf ein Präsident in den letzten sechs Monaten seiner Amtszeit das Parlament nicht mehr auflösen. Den italienischen Politikern bleibt also zunächst nichts anderes übrig, als in der Frage der Regierungsbildung nach einem Kompromiss zu suchen. Das Mitte-Links- Bündnis von Bersani dürfte versuchen, insbesondere einzelne Senatoren der Protestpartei „5 Sterne" dafür zu gewinnen, eine Minderheitsregierung zu tolerieren.
finanzwelt: Unregierbarkeit und mögliche Herabstufung – flammt nun die Euro-Schuldenkrise mit ihren Begleiterscheinungen wieder auf und gerät unsere Gemeinschaftswährung unter Druck?
Rondorf: Als viertgrößte Volkswirtschaft gilt Italien zwar zu Recht als ein Prüfstein für die Lösung der Eurokrise. Aber die Wahl hat bisher noch nichts an der Lage geändert. Denn auch der amtierende Ministerpräsident Mario Monti hat keine tiefgreifend Arbeitsmarktreform auf den Weg gebracht. Die wäre aber Grundlage für die Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit Italiens. Insofern dauert der Stillstand in Italien nun nur länger an.
Gegen eine Eskalation der Staatsschuldenkrise spricht außerdem, dass es der Regierung Monti gelang, das Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr auf 2,9% des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Italien steht in diesem Punkt besser dar als alle anderen Peripherieländer und sogar Frankreich. Schließlich dürfte das EZB-Kaufprogramm noch genügend Drohpotenzial haben, um eine Eskalation der Staatsschuldenkrise wie Mitte 2012 zu verhindern.
Das Interview führte Philipp Kenntner