Insuretech haben Datenprobleme

18.01.2017

Die Insure- und Fintech-Branche hat Schnittstellenprobleme mit der Assekuranz und scheut Vermittlerpflichten des Verbraucherschutzes © alphaspirit - Fotolia.com

Die Unternehmensgründer der Insuretech und Fintech-Branche können vor Kraft kaum noch laufen. Kein Wunder täglich treffen Millionen Euro an Investoren Gelder ein. Viel Geld, ohne Gegenleistung.

Bei einem vom Versicherungsmaklerpool blau direkt initiierten Treffen in der deutschen Hauptstadt haben fast zwei Dutzend deutsche Insurtech-Unternehmen eine „Berliner Digital-Erklärung“ unterzeichnet, um die Branchendigitalisierung der Assekuranz in ihrem Sinne und vor allem jenseits der Verbraucherschutz-Pflichten von Versicherungsvermittlern oder auch eines Versicherungsmaklers zu forcieren.

Der Versicherungsmakler Financefox unterzeichnet als Einziger mit einer klaren Begründung nicht.

„Die Erklärung, die inhaltlich grundsätzlich richtig ist, kam zu früh und formuliert die Verpflichtungen auf Seiten der Insurtechs nicht ausreichend“, sagt Chief Marketing & Chief Product Officer Willi Ruopp für das Schweizer Online-Maklerunternehmen Financefox. Financefox wolle mehr als nur einen ultimativen Wunsch- und Forderungskatalog aufzustellen.

„Wir sehen, dass die Erstversicherer selbst ein sehr großes Interesse an Verbesserungen haben. In individuellen Gesprächen mit Erstversicherern werden wir daher in den nächsten Wochen gemeinsam Lösungen entwickeln, die den Herausforderungen gerecht werden, vor denen die Versicherungsgesellschaften stehen”, so Ruopp.

„Die Erstversicherer müssen aktuell viel Energie aufwenden, um die rückläufige Ertragssituation durch die extrem niedrigen Zinsen aufzufangen und ebenso müssen sie aktuell mit enormen Altlasten durch eine fragmentierte IT-Landschaft in den Unternehmen auseinandersetzen. Die Quote für Vertragsbündelungen ist für Erstversicherer und Vermittler zu gering. Beiden Parteien fehlt die Technologie, mit der schnell und wirkungsvoll höhere Quoten erzielt werden können“, so Ruopp in einer Medienmitteilung. Daher wolle Financefox mit Versicherern in einen Dialog treten, um Lösungen zu entwickeln.

„Wir nehmen uns selbst in die Pflicht, wir sind bereit zu liefern”, so der Insuretech-Experte Ruopp. Das deutsch-schweizerische Insurtech Financefox, hatte erst im September 2016 eine Kapitalspritze in Höhe von 28 Millionen Dollar erhalten.

Die Bestandsübertragung der Versicherer an Insurtechs soll beschleunigt werden ohne dass diese einen Vermittlerstatus nachweisen müssten oder für ihre Aktivitäten mit Kundeninformationen haften müssten, lautet eine Forderung der Berliner Digital-Erklärung. Die meisten Start-ups sind nicht einmal eingetragene Versicherungsmakler und bei den Bestandsdaten für Nutzer von den laufenden Aktualisierungen seitens der Versicherer total abhängig von den Digitalisierungsfortschritten großer Versicherungskonzerne. Der beschlossene Forderungskatalog „Berliner Erklärung“ soll Versicherern und Abgeordneten des deutschen Bundestages vorgelegt werden.

Die unterzeichnenden Unternehmen repräsentieren nach eigenen Angaben insgesamt 2,6 Millionen Kunden und verwalten insgesamt über zehn Milliarden Euro Versicherungssummen, da fühlt man sich gemeinsam fast so mächtig wie die Allianz. Die Startups in Form der Fintech und Insuretech erinnern alle etwas an die Unternehmensgründungen im früheren „Neuen Deutschen Markt“. Man präsentiert Unternehmenspläne und hofft auf Millionen von Euro an Investition in die neuen Hoffnungsträger, die als schnelle Lösung versprechen nur über Smartphone und Internet aus der Ferne massenhaft Kunden und Nutzer einzuwerben.

Zu den unterzeichnenden Unternehmen der „Berliner Erklärung“ gehören (in alphabetischer Reihenfolge):

Asuro, Blau Direkt, Bürgschaft24, Covomo, Dionera, Einfachsparen24, Expertenhomepage, Feelix, Finanzchef24, Finanzen.de, Finatra, Idnow, Knip, Maklerhomepage.net, Moneymeets, MyLucy, Nepatec, Netfonds, Safe.me, Simplesurance, TED, Versicherungskarrieren, Vorsorgekampagne.de.

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) hatte als Beobachterin Elisabeth Stiller, Leiterin Vertrieb, zur Tagung gesandt. Die Managerin soll, dem Vernehmen nach, nicht vor Angst erstarrt sein, auch wenn die breite Front von 23 Insuretech-Unternehmen als Fintech-Experten damit drohen, schon bald größer wie die Allianz, als ein Erstversicherer, zu sein.

Fallen Rückversicherer den Erstversicherern in den Rücken?

Der weltweit größte Rückversicherer Munich Re meldet allerdings, parallel zur Tagung der deutschen und schweizerischen Startups, seine Beteiligung an dem britischen Insurtech Bought By Many. Der Spezialist für Nischenversicherungen erhält so eine Erstfinanzierung von fast neun Millionen Euro von Octopus Ventures und der Munich Re-Tochter HSB Ventures. Für die Erstversicherer ist die Beteiligung des Rückversicherers eine unwillkommene Nachricht. Munich Re will dem Startup helfen, die Erstversicherer zu umgehen und künftig auch eigene Policen anzubieten. (db)