„In 5 Jahren möchte ich nicht mehr im ‚Driver‘s Seat‘ sitzen!“
03.11.2022
Lisa Brunner, finanzwelt-Redaktion, und Lars Drückhammer, CEO blau direkt / Foto: © Sabrina Henkel
finanzwelt: Sind denn auch Neuerungen beim Leistungsspektrum als Infrastrukturdienstleister vorgesehen? Gibt es neue Angebote oder Weiterentwicklungen von bestehenden Produkten? Drückhammer: Wir sehen unser Leistungsspektrum als Domino-Stein-Kette. In den vergangenen Jahren haben wir da ja bereits einige Bausteine eingesetzt. Allerdings sehen wir schon die ein oder andere Lücke, in der noch ein Stein fehlt. Da haben wir aber bereits mit der technischen Entwicklung begonnen. Und der Fokus liegt zunächst auf unserer Infrastruktur. Das sind aber oft Dinge, die man von außen gar nicht sieht, die in der Basis passieren. Quasi der Tiefbau, der unter der Straßenoberfläche geschieht.
Und das sind extrem wichtige Themen, wie z.B. IT-Sicherheit, Cyber. Auf dieser Basis entwickeln wir jetzt dann die nächsten „Steine“, um Prozesse für Makler besser abbilden zu können. Deshalb benötigen wir jetzt auch einen starken Partner, der uns finanziell die Möglichkeit gibt, Ressourcen aufzubauen und technische Themen schneller umzusetzen. Alle bisherigen Entwicklungen haben wir aus unserem Eigenkapital, aus unseren Gewinnen, finanziert. Und der Kollege Pradetto, der sehr ungeduldig ist, war da bisher eher der Treiber, bzw. wird das zukünftig auch bleiben – allerdings in einer anderen Rolle. Wir haben allerdings das Gefühl, wir müssen noch mehr PS auf die Straße bringen, wir müssen schneller werden. Und das ist am Ende auch eine Ressourcenfrage. Warburg Pincus zeigt uns da ein sehr hohes Commitment, die Mittel die notwendig sind, auch bereitzustellen.
finanzwelt: Sie haben es gerade erwähnt und blau direkt hatte es auch schon selbst angekündigt: Oliver Pradetto verlässt den COO-Posten, wie geht es für ihn weiter? Drückhammer: Wir arbeiten seit 25 Jahren zusammen und haben unser Unternehmen sehr stark geprägt – jeder auf seine Weise, denn wir sind ja sehr unterschiedliche Typen. Aber das ist auch eine unserer Stärken, wir decken unterschiedliche Bereiche ab. Oliver widmet sich jetzt aber einer neuen Aufgabe. Das war aber von vorne herein mit Warburg Pincus so abgestimmt. Eine GmbH hat zwar keinen Aufsichtsrat, aber wir werden ein Board einrichten, dem er als Board-Vorsitzender vorstehen wird. D.h. er zieht sich aus dem operativen Tagesgeschäft zurück und ist auch nicht mehr zeichnungsberechtigt. Aber er wird dem Unternehmen weiterhin beratend, besonders bei strategischen Themen, zur Seite stehen.
Und: er ist ja auch weiterhin Eigentümer, also besteht weiterhin ein sehr hohes Interesse daran, weiter mitzusteuern. Er gewöhnt sich gerade an seine neue Rolle, was auch sicherlich nicht so einfach ist. Bzw. für uns beide, da wir uns so gut kennen, dass wir das Unternehmen quasi auf Zuruf geführt haben, ohne einander viel erklären zu müssen. Da muss jetzt aber ein neuer Miteigentümer, der die Branche in Deutschland nicht so kennt und nicht in unsere Köpfe schauen kann, anders abgeholt und mitgenommen werden. Aber das funktioniert sehr gut und macht extrem viel Spaß.
„Ich bleibe als CEO“
finanzwelt: Gibt es denn bereits einen Nachfolger für seine Position? Drückhammer: Nein, und es ist auch nicht vorgesehen einen neuen COO zu besetzen. Oliver hatte verschiedene Aufgaben, von außen betrachtet sehr viel Vertrieb. Das übernimmt Ulf Papke, der als Teil der Geschäftsleitung den ganzen Bereich Sales verantwortet und auch neu strukturiert. Ulf Papke ist jemand, bei dem ich mir sehr gut vorstellen kann, dass er perspektivisch in die Geschäftsführung aufsteigen wird. Ansonsten haben wir ein sehr gut aufgestelltes Management- Team, die Geschäftsleitung um die Geschäftsführung herum. Für die strategische Ausprägung und den technischen Teil ist Hannes [Heilenkötter, a.d.R.] da, der Dinge sehr vorantreibt. Oder auch Marcel Canales, unseren CBDO, der sehr visionär und sehr stark in Produkten denkt. Die Unternehmensführung wird also mit dem bestehenden Team weitergeführt und so fühlen wir uns auch sehr wohl.
finanzwelt: Wie sieht es denn persönlich bei Ihnen aus, was sind Ihre Pläne? Bleiben Sie in Ihrer Position? Drückhammer: Ja. Ich bleibe als CEO. Bisher waren das eigentlich nur Titel für uns, aber jetzt ist meine Rolle verstärkt der Kopf der Geschäftsführung. In den nächsten 3-5 Jahren werde ich auch voll an Bord sein. Das ist mein persönlicher Zeithorizont, der intern auch so abgestimmt ist. In 5 Jahren möchte ich dann aber nicht mehr auf dem Driver's Seat sitzen müssen. Und in der strukturellen Vorbereitung sind wir da glaube ich auch schon sehr weit. Kristina August, die jetzt bei uns oder bei mir im Einkauf bzw. Trade-Department sitzt, wird immer weiter nach vorne geschoben, auch in den Gesprächen mit den Versicherern. Und sie macht einen sensationellen Job und wird auch immer mehr von den Versicherern als Gesprächspartner akzeptiert, auch auf Vorstandsebene.
Ich werde mich dann langsam aus den operativen Tätigkeiten zurückziehen und mich mehr auf interne Aufgaben konzentrieren - eine sehr spannende Rollenveränderung. Und auch nach diesem Zeitfenster bleibe ich immer noch Eigentümer, mit hohem Interesse daran, dass sich das Unternehmen sehr positiv entwickelt. Aber ich habe sehr viel Lust, die nächsten Jahre jetzt noch aktiv mitzugestalten, in der neuen Konstellation mit dem Team, auch dem gesamten Führungsteam, weil es jeden Tag Spaß macht. Wir haben mit blau direkt viel aufgebaut, von den Anfängen zu zweit bis dahin wo wir heute stehen. Das Ziel ist jetzt das Unternehmen mit mehr Geschwindigkeit und Power schneller weiterzuentwickeln. Sodass wir dahin kommen, wo wir hin möchten und auch ich mich dann eher in die Gesellschafterrolle zurückziehen kann.
finanzwelt: Wir bleiben gespannt wie das weitergeht, vielen Dank für’s Interview! (lb)