Immobilienfinanzierung in und nach der Krise

17.12.2020

Michael Seeberg, Mitgründer und Geschäftsführer hypcloud GmbH / Foto: © hypcloud

2020 wird das Jahr sein, in dem viele von uns mehr und schneller gelernt haben als in vielen Jahrzehnten davor. Vielfach war zu lesen und wurde diskutiert: Corona wirkt wie Brandbeschleuniger auf viele Prozesse, die in der rekordverdächtig langen Boomphase unbemerkt schwelten. Für die gewerbliche Immobilienfinanzierung gilt das erst recht: Die Pandemie verstärkt die Einflussfaktoren, die bisher durch den anhaltenden Immobilienboom und die langjährige Niedrigzinsphase nur sehr abgemildert wirksam wurden. Innerstädtische Hotels, stationärer Einzelhandel mit Non-Food-Sortiment und auch Büroimmobilien stehen durch die Pandemie von einem Tag auf dem anderen unter Stress: Pachtzahlungen werden ausgesetzt, Umsätze brechen weg, die plötzlich entdeckten Vorteile des Homeoffice verändern die Nutzung von und verringern      die Nachfrage nach Büroflächen. Deshalb warnt die Ratingagentur Moody‘s die Finanzierer dieser Betreiber vor steigenden Kreditrisiken.

Es gibt wie in jeder Krise aber auch Gewinner: Wohnimmobilien sind bislang völlig unbeeindruckt durch die Pandemie, im Gegenteil: Der Trend zum Homeoffice erhöht den Flächenbedarf und reduziert den Einfluss der Länge des Arbeitsweges auf die Entscheidung für oder gegen einen Wohnort. Logistik-Objekte erhalten weiteren Auftrieb durch den drastischen Anstieg des Online-Handels. Die Unklarheit über die weitere Entwicklung der Covid19-Pandemie bringt viel Unsicherheit in den Markt.

Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die Struktur des Finanzierungsmarktes?

In Deutschland vereinen Geschäftsbanken traditionell einen großen Teil der Immobilienfinanzierung auf sich, weitere Finanzierungsgeber sind je nach Ticketgröße und Projektkomplexität professionelle Investoren wie z.B. internationale Fonds, Versicherungen, Pensionskassen, Family Offices, aber auch Privatanleger.      Bisher deckten Banken und Versicherungen im Wesentlichen die Seniorfinanzierung ab, die anderen Finanzierungsgeber bieten Mezzanine und Nachrangkapital. Doch das ändert sich: Die europäische Bankenaufsicht verschärft die Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung von Projektfinanzierungen und die Pandemie setzt Kreditgeber unter Druck, warnt Raimund Röseler, Exekutivdirektor der BaFin, in der FAZ. Dadurch steigen die Kosten einer Finanzierung. Zusätzlich begrenzt die geringe Profitabilität vieler Banken im anhaltenden Niedrigzinsumfeld      die Schaffung neuen Eigenkapitals durch Gewinnthesaurierung. Das vorhandene Eigenkapital wird durch die im Zuge des wirtschaftlichen Abschwungs zu beobachtende Ratingmigration und erwartete Steigerung der Kreditausfälle im Unternehmenskundengeschäft zusätzlich beansprucht. Neben steigenden Kosten schränkt dies den Kreditvergabespielraum von Banken ein.

Wie die Finanzierung der Zukunft aussehen könnte, lesen Sie auf Seite 2