IDD-Umsetzung - So nicht!
07.12.2016
Sehen Sie sich den britischen Markt an. Dort haben sich die Preise für Versicherungs‐ und Finanzprodukte nach Einführung des Courtageverbotes im freien Fall nach unten bewegt. Das ist doch auch selbstverständlich. Wenn der Makler keine Vergütung mehr vom Fonds oder Versicherer erhält, ist er in der Auswahl der "Lieferanten" eher indifferent. Er orientiert sich dann ausschließlich am Kundeninteresse.
Dadurch konnten sich sehr schnell die preiswerten Anbieter/Produkte durchsetzen und haben einen enormen Druck auf den Markt erzeugt. Gleichzeitig sind die Umsätze der Vermittler seit 2011 nachweislich gestiegen! D. h., es kam und kommt zu einer Umverteilung.
Die Einsparungen aus den Finanzprodukten dienen heute teilweise dazu, Qualität und Quantität der Beratung zu erhöhen, weil die Vermittler durch höhere Einnahmen den Servicegrad steigern können.
DVVF:
Das sind sicher wünschenswerte Effekte. Aber gerade deshalb hat ja wohl die Lobby einiges unternommen, damit es zu so einem Entwurf kommt. Sehen Sie hier auch rechtliche Probleme?
Schwintowski:
Nach meiner Meinung ist der Entwurf mit den Grundprinzipien des BGB nicht zu vereinbaren, denn gem. BGB kann man jederzeit Honorarabreden treffen. Das gilt sogar für den Vertreter – so vom BGH entschieden!
Die Beschränkung im Entwurf ist auch völlig unverhältnismäßig – d.h. sie ist mit der Drei‐Stufen‐Theorie des Apothekenurteils des BVerfG zu Art. 12 GG nach meiner Meinung nicht zu vereinbaren.
Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Wettbewerbsbeschränkung gegen das stand‐still Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV verstößt und zugleich gegen das Prinzip des freien, unverfälschten, effektiven Wettbewerbs (Art. 119, 120 AEUV).
Aber vor allem und unabhängig von diesen rechtlichen Beurteilungen:
Wenn der Versicherungsmakler (wie auch der Vertreter) die Möglichkeit hat, auch gegen Honorar zu beraten, so konkurrieren sie in Zukunft gegen den Honorarberater. Es setzt also ein echter Wettbewerb ein und zwar um die angemessene Vergütung.
Im gegenwärtigen Konzept setzt auch ein Wettbewerb ein, aber nicht um die Vergütung, sondern um den Status als Vermittler. Die Frage wird sein, welcher Status lohnt sich mehr, bzw.: mit dem Entwurfskonzept sorgt man letztlich dafür, dass der Honorarberater keine Chance bekommt, weil die beiden anderen Gruppen ihre Provisionsbindung nicht aufs Spiel setzen werden. Die Konsequenz des vorliegenden Entwurfs ist: echten Wettbewerb wird es in Zukunft auf den Vermittlungsmärkten nicht geben.
Ist das wirklich so gewollt? Mit der Philosophie der Vermittlerrichtlinien und dem freien, unverfälschten, effektiven Wettbewerb scheint mir das nicht in Einklang zu bringen zu sein.
Auch an dem unseligen Satz, der einem Makler ein Entgelt für die Beratung von Nicht‐ Verbrauchern erlaubt, soll festgehalten werden (§ 34d Abs. 1 GewO). Ich hatte gehofft, mit dieser Novelle würde dafür gesorgt werden, dass diese merkwürdige Begrenzung, die weder verfassungsrechtlich, noch privatrechtlich, noch europarechtlich nachzuvollziehen ist, aufgegeben wird, damit ein Level‐Playing‐Field zwischen allen Vermittlertypen entsteht und die Honorarberatung Schritt für Schritt die Provisionsberatung ablösen könnte.
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