Hysterie allerorten

17.01.2020

Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG  / Foto: © Greiff capital management AG

Kriegshysterie

Seit dem Amtsantritt von Donald Trump sind alle Schauplätze seiner Aktivität vom Kriegsjargon gekennzeichnet. Egal, ob der offensichtliche Krieg im Nahen Osten oder der Handelskrieg mit China. Selbst mit den oppositionellen Demokraten befindet er sich im Krieg und die Fake News-Medien, wie er sie selbst bezeichnet, wollen ihn auch nur bekriegen. Der gesamte Sprachduktus wurde im wahrsten Sinne mit dieser Rhetorik aufgerüstet. Da spricht man von Vergeltungszöllen, Verteidigungsmauern und der totalen Auslöschung eines jeden Gegners. Interessanterweise stehen die markigen Worte im Gegensatz zu den tatsächlichen Gegebenheiten, denn Trump zieht Truppen zurück, will Kriege beenden und nicht fortsetzen, und neue Kriegsschauplätze kann er in Wahljahren sowieso nicht gebrauchen. Mit Diplomatie hat die rohe Sprache wahrlich nicht viel zu tun, aber sie erreicht zumindest eines: Er wird verstanden. Letztlich wohl das Ergebnis, dass viele in der Vergangenheit die Sprache der Politik kaum noch verstanden haben. Die US-Börse übrigens scheint Trump sehr gut zu verstehen, denn die Kursentwicklung seit Trumps Amtsantritts spricht eine eindeutige Sprache: „America First“. Apropos:

Börsenhysterie

Von einer Börsenhysterie, einer überschwänglichen Begeisterung für die Aktienanlage, sind wir immer noch weit entfernt. Die Weltuntergangspropheten um Friedrich und Weik, Markus Krall oder Max Otte haben Hochkonjunktur und sorgen für die notwendigen Bedenken, damit die Börsen weiter steigen können. Zwar wächst die Zahl der Aktionäre und Fondssparer wieder, aber es ist keine übertriebene Euphorie an den Märkten zu beobachten. Zuletzt hat allerdings der „Furcht & Gier“ Index  etwas zu optimistisch ausgeschlagen, weshalb ich hoffe, dass die Crash-Apologeten noch etwas mehr Gas geben, um keine Euphorie aufkommen zu lassen. Also gebt euch Mühe liebe Kollegen. Mühelos dagegen hat es letzte Woche folgender Begriff zu Aufmerksamkeit gebracht:

Klimahysterie

Eine sprachkritische Jury hat "Klimahysterie" zum Unwort des Jahres 2019 gekürt. Mit dem Ausdruck würden "Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert", hieß es zur Begründung. Da musste ich schon ein wenig schmunzeln, wenn eine „Sprachjury“ ein „Unwort“ kürt und dabei auf dessen Verwendung abzielt, aber mit keinem Wort darauf eingeht, dass der Begriff Hysterie vom griechischen Hystera, die Gebärmutter, kommt. Ja, Sie haben richtig gelesen. Das Wort Hysterie ist typisch weiblich, so gar nicht genderneutral, so gar nicht korrekt, so diffamierend wie unangebracht, dass hysterische Anfälle ausschließlich weiblich sein sollen. So einen Begriff sollte man auf keinen Fall verwenden, schon gar nicht in Zusammenhang mit anderen Substantiven. Besser man schreibt darüber auch keinen Börsenbrief, dass erregt nur unnötige Hysterie, pardon, ich meine Aufregung. Also bleiben sie gelassen, so wie die Kapitalmärkte oder Olaf Scholz. Der verbuchte 2019 nämlich zum dritten Mal einen zweistelligen Milliardenüberschuss bei den Steuereinnahmen. Ich hätte da eine Idee: Wie wäre es mit einer Steuersenkungshysterie?

Kolumne von Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG

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