Gutes Umfeld für Wachstum

04.07.2017

Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG / Foto: © Bank J. Safra Sarasin

Wir prognostizieren, dass die starke globale Expansion auch im zweiten Halbjahr 2017 anhält und zu einer niedrigeren Arbeitslosigkeit und höherer Kapazitätsauslastung führt. Da der Lohn- und Preisdruck langsamer ansteigt als in früheren Konjunkturzyklen, brauchen die Zentralbanken ihre Geldpolitik nur langsam zu verschärfen. Solides Wachstum, niedrige Inflationsraten und Zinsen bieten ein günstiges Umfeld für risikobehaftete Vermögenswerte. Wir erwarten daher höhere Aktienkurse zum Jahresende, selbst wenn ein Trend zu höheren Anleiherenditen und ungünstige Saisonfaktoren kurzfristig eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung verhindern dürften.

Für das Euro-Währungsgebiet sind wir bereits eine Weile optimistisch und haben dank der positiven Konjunkturindikatoren und den ausgebliebenen politischen Risiken immer mehr Grund dazu. Die Geldpolitik bietet weiterhin günstige Finanzierungsbedingungen, die die Investitionstätigkeit sowie die teilweise hoch verschuldeten Haushalte und Staaten unterstützen. Bessere Arbeitsmärkte und ein niedriger Ölpreis stimulieren die private Nachfrage zusätzlich. Die Inflationsraten steigen so langsam, dass es reicht, wenn die EZB im September bekannt gibt, ihre monatlichen Anleihekäufe im Jahr 2018 weiter zu senken und bis zum Sommer komplett einzustellen. Eine erste Zinserhöhung um 20bp könnte dann im vierten Quartal 2018 folgen – eine lange Zeit also, die die Finanzmärkte haben werden, sich an etwas höhere Zinsen zu gewöhnen.

Die USA befinden sich dagegen in einem späteren Stadium des Konjunkturzyklus, in der fast Vollbeschäftigung herrscht. Dies macht Wachstum über Potenzial schwieriger. Einige Kreditbereiche wie Auto-Darlehen und Unternehmenskredite zeigen erste, leichte Zeichen von Stress. Die gesamtwirtschaftliche Verschuldung bleibt jedoch auf moderatem Niveau, sodass wir die Abschwungsrisiken derzeit für gering halten. Auch rechnen wir im nächsten Jahr weiterhin mit die Wirtschaft stimulierenden Steuerreformen. Die amerikanische Notenbank kann daher wie angedeutet, im September beginnen ihre Bilanz langsam zu reduzieren und im Dezember erneut die Zinsen zu erhöhen.

Mit der Perspektive auf ein solides Wachstums und geringere EZB-Anleihekäufe im Jahr 2018 bestätigen wir unsere Jahresendprognose für zehnjährige deutsche Bundesanleihen von rund 1% und unsere Ansicht, dass die Zinsdifferenz zu amerikanischen Anleihen weiter sinken sollte. Dies sollte den Euro gegenüber dem USD weiter stärken und gegenüber dem Schweizer Franken stabil halten. Für die Aktienmärkte sind dies Belastungsfaktoren, die zunächst verdaut werden müssen. Auch das historische Saisonmuster spricht nicht für einen baldigen Anstieg der Aktienmärkte. Das solide Wachstum der Weltwirtschaft und die moderaten Lohnsteigerungen sollten allerdings zu weiter wachsenden Unternehmensgewinnen führen. Zum Jahresende sollten die meisten Aktienindizes daher ihre aktuellen Niveaus klar übertreffen.

Kolumne von Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG