Greiffbar – Investments zum Anfassen
19.01.2024
Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG / Foto: © Greiff capital management AG
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
Schlusslicht
Statt fiat lux, heißt es jetzt fiat lumen posticum! Deutschland trägt die lanterne rouge. Germany brings up the rear, kurzum, ist das Schlusslicht unter den Industrienationen, wenn es um das Wachstum der Wirtschaft geht. Mit -0,3 % amtlich festgestellter Schrumpfung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in 2023, befinden wir uns damit offiziell in einer Rezession. Dixitque Deus: Degrowth! Auch ohne biblisch zu werden muss man konstatieren, dass etwas schiefläuft, wenn alle anderen Nationen Wirtschaftswachstum zeigen. Licht aus, Spot an: Eine wichtige Erkenntnis ergibt sich daraus: BIP und Börse korrelieren nicht miteinander. Denn während der deutsche Aktienindex DAX das Jahr 2023 mit beachtlichen Gewinnen abschloss, ist beispielsweise die chinesische Börse mit neuen Tiefs aus dem Jahr gegangen, und das trotz einem chinesischen Wirtschaftswachstum von 5,2 %. Und am Ende des Tunnels zeigt sich kein Licht, auch im laufenden Jahr belegen chinesische Werte das Schlusslicht der Börsen. Lichtgestalt Xi Jinping sorgt erst einmal für ein Verkaufsverbot bei chinesischen Aktien, um den Markt zu beruhigen. Dabei brennt es lichterloh. Die People´s Bank of China flutet den Markt durch eine weitere lockere Geldpolitik mit Liquidität, während die westliche Welt sich mit Derisiking und Decoupling von der Abhängigkeit von China trennt.
Warnlicht
Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Zu beobachten diese Woche in Taiwan. Neuer Präsident ist der Unabhängigkeitsbefürworter Lai Ching-te, den der Westen gerne hervorhebt. Aber um etwas Licht ins Dunkel zu bringen: Das Parlament ist mehrheitlich in die Hände der Chinabefürworter gewandert und zeigt damit, dass selbst die Taiwanesen gespalten sind in ihrem Verhältnis zu Festlandchina. Und um die Situation ins richtige Licht zu rücken: Mit Präsident Lai Ching-te auf der einen Seite und dem konträren Parlament auf der anderen Seite ist eine neue ausgewogene Balance entstanden, die zumindest kurzfristig den Konflikt eher entschärft als eskaliert hat. Ein ganz anderes Warnlicht entzündete diese Woche eine andere Präsidentin: EU-Notenbankchefin Christine Lagarde gab kein grünes Licht für baldige Zinssenkungen im ersten Halbjahr. Vielmehr erblickt der fallende Zins aus ihrer Sicht erst Ende des Sommers das Licht der Welt. Die Börsianer reagieren daraufhin etwas unterbelichtet und trennen sich von Aktien. Bei Zalando reichte es sogar für ein neues Allzeittief. Von 103 Euro in 2021 in Lichtgeschwindigkeit auf 16 Euro diese Woche.
Fernlicht
Ich möchte meine Kolumne diese Woche nicht verlassen, ohne einen Lichtblick zu geben. Die deutsche Autoindustrie befindet sich zwar in einer Transformation mit einigen Problemen, aber dies ist nur die Betrachtung mit Standlicht. Schaltet man mal das Fernlicht ein, so erkennt man, dass die Autoabsätze gut laufen und durch weltweites Wirtschaftswachstum weiter getrieben werden. Zudem sind deutsche Autos inzwischen Luxusmarken mit Premiumqualität geworden, deren Hersteller prächtig verdienen. Umsatzrendite und operative Gewinne steigen. Das beliebteste Auto mit den meisten Neuzulassungen in Deutschland war 2023 der VW Golf. Tesla liegt mit dem Model Y auf Platz 8 und verkauft davon 2023 auch 9 % weniger. Tesla senkte daher auch diese Woche die Preise. Kurzum: Die deutsche Autoindustrie braucht ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, die Aktienkurse sind günstig wie nie und die tiefen Bewertungen ein guter Schutzfaktor für überteuerte Einstiegskurse. Bei Lichte betrachtet: quasi ein Lichtschutzfaktor.
Ihr Volker Schilling
Kolumne von Volker Schilling Gründer und Mitglied des Vorstandes von Greiff Capital Management