Gold, das unbekannte Wesen
01.10.2018
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Der Markt selbst ist „enger“ geworden. Seit 2009 fließt physisches Gold verstärkt nach Asien. Allein im August lieferte die Schweiz 125 Tonnen nach Südostasien. Etliche Vorstände der führenden Goldproduzenten sprechen vom Produktionspeak, das heißt, dass zukünftig die Produktion eher rückläufig sein wird. Es ist aber eins damit klar: Bei steigender Nachfrage kann nicht mit höherer Produktion gegengehalten werden. Die Angebot-Nachfrage Situation ist aktuell relativ ausgeglichen, auch wenn derzeit die (an der Börse bereits erfolgten) Verkäufe der Fonds und der türkischen Banken den Markt belastet haben. Neuauflagen von Fonds oder Zertifikate auf Gold bewegen sich nahe Null. Trendfolger sind eher bei den FAANG-Aktien unterwegs. Das Potential an nicht investierten Anleger ist bei einem Trendwechsel riesig. Geduld wird sich auszahlen.
Fundamental haben wir weltweit die höchste Verschuldung aller Zeiten. Zur Erinnerung: Gold hat keine Schulden! Die Kredithöhen sind in den Emerging Markets (EM) und in den USA besonders prägnant. Bei den EM`s kommen etliche Währungskrisen erschwerend dazu. Alle konsumieren auf Teufel komm raus und leisten sich so Dinge, die man erst in der Zukunft anschaffen wollte.
Das Nachlassen der Konsumkonjunktur ist daher nur eine Frage der Zeit. Das sehen auch die Firmen ähnlich. Denn nur so ist zu erklären, dass man lieber eigene Aktien zurückkauft, als in die Produktion und die Kapazitäten zu investieren. Investoren spekulieren lieber in Aktien oder Bitcoins und zahlen Wahnsinnspreise für Immobilien, Kunst oder Oldtimer. Auch der Kauf von Whiskey ist „in“. Na ja, ca. 40 Prozent klingen schon verlockend.
Auch dürfte die vielbejubelte Zinswende in den USA, sollten die Zinsen wirklich weiter erhöht werden, eine neue Kreditkrise auslösen. Die Zahlungsausfälle bei den hohen Kreditsalden bei Kreditkarten, Autos, Studenten und Immobilien könnten gravierend steigen. Für die EM´s, die schwerpunktmäßig in US-Dollar verschuldet sind, sind noch höhere Zinsen problematisch. Ebenso betroffen wären in der Folge die schwachen Peripherieländer in Europa.
Der Anstieg des Goldpreises in türkischer Lira (seit 2017 fast verdoppelt) beweist, wohin die Anleger flüchten, wenn sie Angst um ihr Geld haben. Wenn ein Krisenherd „über Nacht“ ausbricht, könnte die beschriebe Fundamentalsituation dazu führen, dass ein geordnetes Aufspringen auf den Trend schwer möglich sein wird. Den schwächelnden Renten- und Aktienmärkten steht dann kein im Kurs steigendes Goldengagement gegenüber. Daher sollte der Anleger jetzt seinen Goldanteil antizyklisch anpassen. Zehn bis 20 Prozent Edelmetalle sind angesichts der Krisenherde durchaus angemessen.
Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH