Go East
25.04.2019
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Schwellenländer haben zuletzt wieder an Attraktivität zugelegt. Sie locken vermehrt mit guten Renditen. Und dies nicht nur im fernen Südamerika oder Asien, sondern auch in unmittelbarer Nachbarschaft. Der Osten ruft. Polen ragt mit einer gut aufgestellten Volkswirtschaft heraus. Aber auch Ungarn, Tschechien oder gar die einstige Supermacht Russland sind für Ihre Kunden im breiten Portfolio interessanter geworden. Osteuropäische Aktienfonds überraschten 2018 durchaus positiv. Doch geopolitische Risiken gilt es zu beachten.
Lange verschmäht und zuletzt wieder etwas in den Fokus gerückt. Die osteuropäische Region konnte im vergangenen Jahr wirtschaftlich durchaus mit Kerneuropa mithalten. Entsprechend allokierte Aktienfonds punkteten und verwiesen einige Wettbewerber auf die Plätze. Und das im Krisenjahr 2018. Colin Croft, Fondsmanager des Jupiter New Europe SICAV, bringt es wie folgt auf den Punkt: „Es handelt sich um eine Region mit höherem Wachstum als Westeuropa, niedrigerer Verschuldung, einer besseren Corporate Governance als allgemein angenommen und einer Vielzahl billiger Dividenden-Aktien. Angesichts der Schlagzeilen haben viele Anleger diese Anlageklasse gemieden, kehren aber mittlerweile wieder zurück.“ Auch Alexandre Dimitrov, Fondsmanager des ESPA Stock Europe Emerging und ESPA Stock Russia, tönt in diesen positiven Grundtenor ein, fügt jedoch an, dass der Brexit 2019 eine „Wild Card“ bleibe – „ein harter Brexit ist nach wie vor der größte Risikofaktor für die Region, sowohl für den direkten Handel mit Großbritannien als auch indirekt über Exporte zu Deutschland“. Einigkeit herrscht zudem darüber, dass Osteuropa nicht gleich Osteuropa ist. Berater können sich dabei gut am MSCI Emerging Markets Europe orientieren. Dieser umfasst die Märkte Russland, Polen, Tschechien, Ungarn, die Türkei und Griechenland. Den größten Einfluss auf den Index hat wiederum das Riesenreich Russland, das rund die Hälfte zum Kursbarometer beisteuert. Doch es ist zunächst einmal unser direkter Nachbar im Osten, der einen detaillierten Blick verdient. Polen, mit knapp 40 Millionen Einwohnern das sechsgrößte Land in der Europäischen Union, befindet sich nach Jahren der Flaute wieder auf Wachstumskurs. Dem Wirtschaftsausblick der Germany Trade & Invest (GTAI) ist zu entnehmen, dass Polens Wirtschaft sich in 2018 dynamisch entwickelte. Polen war zuletzt so etwas wie der Wachstumschampion Europas. Im vergangenen Jahr ist die Wirtschaftsleistung real um etwas mehr als 5 % gestiegen. Deutschland ist mit etwas mehr als einem Viertel der Ausfuhren Polens wichtigster Handelspartner; gleichzeitig kommt ein Fünftel der Einfuhren aus der Bundesrepublik. Es ist vor allem der Konsum, der die Volkswirtschaft beflügelt. Die einst hohe Arbeitslosigkeit ist seit gut zwei Jahren auf einen der niedrigsten Werte in Europa zurückgegangen.
In der unmittelbaren Nachbarschaft sieht es zwar noch verhältnismäßig gut aus, jedoch mit einigen Wolken am Firmament. So ist das BIP in der Tschechischen Republik zuletzt auf um die 3 % gesunken. Wichtigste Triebfeder der Konjunktur bleibt auch hier der Konsum der Privathaushalte. Bremsend könnte der Brexit wirken. Zumal das Vereinigte Königreich immerhin der viertwichtigste Absatzmarkt ist. Das könnte negative Folgen mit sich bringen. Ungarn reiht sich hingegen wieder in den wirtschaftlich erstarkten Osten Europas ein. Das Wirtschaftswachstum lag zuletzt bei rund 4 %. Die steigenden Löhne und die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt treiben den privaten Konsum an. Leider ist das Land politisch betrachtet in einer ziemlich heiklen Lage. Regierungschef Viktor Orbán hat Ungarn nahezu ins politische Aus manövriert und riskiert mit seinem extrem rechtsnationalen Kurs sogar einen Ausschluss seiner Partei aus der europäischen EVP-Fraktion.
Wie es um die russische Volkswirtschaft bestellt ist, lesen Sie auf Seite 2