Generation S: Das Zeitalter der Systemfehler

21.11.2016

André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH/ Foto: © Prometheus

Fällt Ihnen etwas auf?

Wir verkommen zunehmend zur Generation S – zur Generation der Systemfehler. Wir hören und sehen die Systemfehler zwar, wir nehmen sie aber nicht wahr. Denn wir schalten ab und stumpfen ab. Und machen weiter wie bisher.

Ich komme mir ehrlich gesagt vor wie auf dem Pavianfelsen im Kölner Zoo. Wenig Hirn, viel Geschrei. Ganz oben sitzt mit wehender Mähne Trumpian – mit hochrotem Kopf statt Po und brüllt vor sich hin (obwohl, wer weiß, vielleicht ist nicht nur der Kopf hochrot).

Währenddessen sitzen wir auf den billigen Plätzen des Pavianfelsens und lassen uns von allem und jedem piesacken und uns abstruse Geschichten erzählen. Und wie das bei einem Pavian so üblich ist, juckt den das alles nicht. Der lässt sich dabei zugucken, wir ihm ein anderer die Läuse aus dem Pelz puhlt.

Ähnlich wie bei meinem fünfjährigen Sohn – den kratzt das auch alles nicht. Als wir ihn kürzlich ermahnen, seinen größeren Bruder nicht permanent zu piesacken, kontert er nur kurz „Ich hab‘ nicht Pi gesagt!“ und dackelt unbeeindruckt von dannen.

Ähnlich naiv gehen auch wir als Generation S mit uns, unserem Umfeld und unseren Problemen um. Das kann und wird nicht gut gehen. Die Verantwortung tragen wir alle – jeder einzelne für sich und wir als Gemeinschaft. Es wird Zeit, dass wir Dinge, die keinen Sinn ergeben, nicht einfach hinnehmen.

Die Gründe für das Dilemma unserer Generation S sind schnell gefunden:

  1. Der Phlegmatismus jedes Einzelnen und der Gesellschaft. Wir sind behäbig und träge geworden. Wir nehmen Dinge immer häufiger ungeprüft hin, ohne sie zu hinterfragen. Und selbst, wenn wir dann doch mal feststellen, dass da etwas nicht stimmt, gehen wir der Sache nicht nach. Wir sitzen es einfach aus und stumpfen dabei ab. Schocken kann uns nichts mehr. Ergo unternehmen wir nichts. Der Mann auf der Straße würde es unverblümter formulieren: Wir verblöden zunehmend.
  2. Der Wachstumsfanatismus unseres Wirtschaftssystems. Wachstum ist der alleinige Treibstoff unseres Wirtschaftssystems. Lässt sich Wachstum mit lauteren Mitteln zunehmend schwieriger erreichen, müssen andere Methoden her. So werden – wie jüngst bei der US-Großbank Wells Fargo – kurzerhand 2 Millionen Kundenkonten erfunden. Unterdessen schönt Volkswagen die Abgaswerte und Banken manipulieren Zinssätze und Währungen. Und ganz nebenbei finanzieren Notenbanken die Staatshaushalte und retten die Aktienmärkte. Das alles passiert zunehmend im größeren Stil und nur, damit dem Wachstumsmärchen die Phantasie nicht ausgeht. Gleichzeitig züchten wir uns Popolitiker – das sind Menschen, die auf „moderner Politiker“ machen, dabei aber auf populistische Märchen als Wahlprogramm setzen.

Fehler erkannt, Problem gebannt.

Ganz so einfach ist es leider nicht. Der Pavian hat halt so seine Gewohnheiten. Aber vielleicht hilft es ja für den Anfang, wenn wir alle mal vom Pavianfelsen absteigen und die Szenerie mit Abstand betrachten.

Es würde uns allen guttun.

Kolumne von André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der P.A.M. Prometheus Asset Management GmbH

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