Geldanlage mit besserem (Ge)wissen
04.11.2013
Steffen Merker
**Ethische Investments sind in Deutschland stärker gefragt als je zuvor. Dabei geht es längst nicht mehr um ein gutes Gewissen. Die Investoren wollen mit diesen Instrumenten auch Risiken früher entdecken. "finanzwelt" sprach hierzu und zu neuen Aspekten im Nachhaltigkeitssektor mit *Steffen Merker, Nachhaltigkeitsexperte und Fondsmanager der LBBW Asset Management. finanzwelt*: Das Analysehaus Finance & Ethics Research kommt in einem aktuellen Bericht zu dem Ergebnis, dass nachhaltig investierende Aktienfonds über die letzten zehn Jahre deutlich besser abgeschnitten haben als der Gesamtmarkt. Das klingt vielversprechend. Trotzdem sind Nachhaltigkeitsfonds eine (sehr) kleine Nische. Wie lässt sich die Durchdringung des nachhaltigen Investierens bei Anlegern verbessern?
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Merker:** Der nachhaltige Anlagemarkt in Deutschland hat auch 2012 seinen Wachstumstrend fortgesetzt. Das Fondsvolumen hat - lt. der Marktstudie des Forum NG - binnen eines Jahres um etwa 4,4 Milliarden Euro auf insgesamt 26 Milliarden Euro zugelegt. Dies entspricht einem Marktanteil von unter 2 % an den gesamten Fondsvolumen. Der Marktanteil institutioneller Mandate und Anleger daran liegt bei ca. 61 %. Institutionelle Anleger waren somit der wichtigste Treiber für den Gesamtmarkt. Das Wachstum der Publikumsfonds – in welche überwiegend Privatanleger investieren - lag bei ca. 0,3 Mrd. Euro und stieg somit auf insgesamt 10,2 Mrd. Euro. Als wichtige Treiber für weiteres Marktwachstum gelten im institutio-nellen Bereich mögliche Änderungen in den gesetzlichen oder Aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. eine Berichtspflicht über Nachhaltige Investments bei Altervorsorgeeinrichtungen, z.B. Pensionskassen oder Versorgungswerke, wie es im europäischen Ausland bereits vorkommt. Die zunehmende Verbreitung von Investoreninitiativen, wie z.B. UN PRI, sollte für eine weitere Marktdurchdringung sorgen, da von den Unterzeichnern entsprechende Maßnahmen erwartet werden. Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre liegen bei Privatanlegern Investmentfonds nicht so sehr im Fokus. Orientierung bei der richtigen Auswahl eines Nachhaltigkeitsfonds kann den Anlegern eine verbesserte Transparenz bieten. Unsere beiden Publikumsfonds „LBBW Nachhaltigkeit Aktien" und „LBBW Nachhaltigkeit Renten" verfügen seit mehreren Jahren über den Transparenzkodex, eine Art Gütesiegel, der vom europäischen Dachverband EUROSIF vergeben wird.
finanzwelt: Wie gestaltet sich der Prozess für die letztlich ausgewählten Unternehmen im Fonds / Nach welchen Kriterien erfolgt die Selektion? Gibt es Restriktionen?
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Merker:** Der „LBBW Nachhaltigkeit Aktien" investiert überwiegend in Europa in Unternehmen, die den Grundsätzen der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit Folge leisten und klar definierte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
Die Auswahl der Papiere erfolgt im ersten Schritt anhand einer strengen Nachhaltigkeitsprüfung der sozialen und ökologischen Qualität von Unternehmen. Durch die Kombination strenger Ausschlusskriterien mit dem "Best-in-Class"-Ansatz erfolgt die Investition nur in die attraktivsten Unternehmen, die sich nach Durchlaufen dieses Nachhaltigkeitsfilters für das potenzielle Anlageuniversum qualifizieren. Bei dieser Nachhaltigkeitsprüfung wird mit den Analysten des langjährigen Partners "oekom research AG" zusammengearbeitet. Dabei wird die soziale und ökologische Verantwortung anhand von cirka 150 Kriterien überprüft.
In einem zweiten Schritt liefert das hauseigene und mehrfach ausgezeichnete Aktien Research der LBBW Asset Management auf Basis klassischer fundamental-qualitativer Primäranalyse Entscheidungsgrundlagen für das Fondsmanagement. Zur Ideengenerierung werden zudem fundamental-quantitative und technische Scoringmodelle genutzt.
Die Investition in grundsätzlich alle Branchen führt in dem Fonds zu einem attraktiven Chance- und Risikoprofil und sorgt somit für eine ausgewogene Branchendiversifikation.
Der Fonds verfügt über sehr strenge Ausschlusskriterien, die zu einem Investitionsverbot führen. Diese sind:
Kontroverse Geschäftsfelder
- Abtreibung
- Alkohol
- Atomenergie
- Embryonenforschung
- Glücksspiel
- Grüne Gentechnik
- Pornografie
- Rüstung
- Tabak
Kontroverse Geschäftspraktiken
- Arbeitsrechte
- Kinderarbeit
- Menschenrechte
- Tierversuche
- Wirtschaftspraktiken
finanzwelt: In welchen Regionen sehen Sie aktuell noch Zukaufsmöglichkeiten für Ihren Fonds? Wie schaut es mit dem Anteil von Emerging Markets aus?
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Merker:** Der Fonds investiert in Aktien europäischer Unternehmen. Aktuell sehen wir insbesondere in den europäischen Peripherie-Ländern wie Italien oder Spanien attraktive Investitionschancen. Die Erwartung eines Endes der Rezession im Euroraum, v.a. in den Peripherieländern, führt zu einer Neueinschätzung bei den Investoren. Im Fokus stehen hier insbesondere nachhaltige Unternehmen, die einen hohen Umsatz- und Gewinnanteil in Europa erwirtschaften. Als aussichtsreiche Branchen gelten insbesondere Industrieunternehmen, die von einem Anziehen der Unternehmensinvestitionen profitieren.
Auf Grund des Schwerpunktes und der Fokussierung auf Europa erfolgen keine Investitionen in Schwellenländern.
finanzwelt: Institutionelle Investoren verlangen oftmals individuelle Lösungen und möchten die Auswahlkriterien bei der Zusammenstellung der Fonds bestimmen. Inwiefern lässt sich dies verwirklichen?
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Merker:** Auf Spezialfondsebene lassen sich individuelle Nachhaltigkeitskriterien für institutionelle Investoren verwirklichen. Im Rahmen der Beratung des Kunden fließt die über 10 jährige Erfahrung der LBBW Asset Management bei nachhaltigen Investments in die Kundenvorstellung mit ein. Welche nachhaltige Investmentstrategie ist für welche Asset Klasse sinnvoll? Welche Detailtiefe wünscht der Kunde bei der Gestaltung des nachhaltigen Kriterienkatalogen? Z.B. das Ausschlusskriterium Alkohol: Betrifft dies nur Spirituosen oder auch Wein und Bier? Wo liegen sinnvolle Grenzen in Bezug auf den Umsatzanteil bei den betreffenden Unternehmen? Nach Abschluss der Beratungen und Analyse erfolgt dann die kundenbezogene Zusammenstellung des nachhaltigen Investmentuniversums.
finanzwelt: Die Fondsperformance beim LBBW Nachhaltigkeit Aktien war in den vergangenen 12 Monaten im Vergleich zur Benchmark MSCI EMU unterdurchschnittlich – worauf ist dies zurückzuführen?
Merker: Der Fonds LBBW Nachhaltigkeit Aktien I hat auf 12-Monatssicht, Stichtag: 30.09.2013 eine Performance von + 18,94 %. Der breite europäische Aktienindex Stoxx 600 liegt bei einer Performance von + 19 %. Somit liegt der Fonds nach Kosten auf Benchmarkniveau. Auf 6-Monatssicht hat der Fonds eine Performance von + 9,9 %, der Stoxx 600 Perf. Der Index weist + 7,7 % aus. Der Fonds hat aufgrund seiner sehr strengen Nachhaltigkeitskriterien ein Anlageuniversum im Vergleich zum Stoxx 600 von ca. 150 – 170 Unternehmen. Daraus resultiert ein erhöhter Tracking Error, der in bestimmten Marktphasen zu einer Underperformance, im Gegensatz aber auch zu einer Outperformance führen kann. Ziel des Fonds ist eine im langfristigen Vergleich marktkonforme Performance unter Einhaltung strengster Nachhaltigkeitskriterien. Für die Strenge der Nachhaltigkeitskriterien sind wir bereits mehrfach ausgezeichnet worden, z.B. ÖkoTest 10/2012 „Sehr Gut" oder das Österreichische Umweltabzeichen mit der fast maximal erreichbaren Punktezahl.
(Das Interview führte Alexander Heftrich)