Moderne Technik lenkt Fahrer zu stark ab
01.03.2023
Foto: © Allianz
Handynutzung zum Spielen, Musikhören und Bilderanschauen nimmt deutlich zu
Eine vergleichbare Risikosteigerung wird auch für andere Technikablenkungen beobachtet. Besonders rasant ist die Entwicklung bei der Benutzung von Funktionen bzw. Apps jenseits von Textnachrichten, Telefonaten oder Navigation. „Das Handy bzw. ein anderes elektronisches Gerät in der Hand wird immer mehr auch zum Spielen, Musikauswählen, Bilderanschauen, Websurfen oder anderem genutzt. Bei unserer Befragung 2016 bejahten dies nur sechs Prozent, im Jahr 2022 bekannte sich bereits jeder Fünfte (22 Prozent) dazu“, sagt Lauterwasser.
Integrieren von Ablenkung in polizeiliche Unfallaufnahme hat sich gelohnt
2021 wurde erstmals in die polizeiliche Unfallaufnahme die Kategorie „Ablenkung“ integriert. Die Bedeutung kommt jetzt auch in den amtlichen deutschen Zahlen zum Ausdruck. Bei Unfällen, in denen Ablenkung eine Rolle spielte, verletzten sich 2021 laut Statistischem Bundesamt 8233 Menschen, 117 starben, das sind knapp fünf Prozent aller Getöteten (2562).
„Das Vorgehen der amtlichen Erhebung ist sehr defensiv, nur identifizierbare Wegwendung vom Verkehr wird erfasst, und auf das unspezifische Merkmal ,Unaufmerksamkeit‘ wird ganz verzichtet. An die Beweislage am Unfallort werden hohe Anforderungen gestellt, die Dunkelziffer ist daher ebenfalls sehr hoch. Es bestätigt sich aber erstmals auch für Deutschland, dass Ablenkung die am meisten unterschätzte Unfallursache auf unseren Straßen ist“, sagt Jörg Kubitzki, Sicherheitsforscher im Allianz Zentrum für Technik (AZT) und Autor der Allianz Studie. Auch die Unfallzahlen für die ersten zehn Monate 2022 geben Anlass zur dem Vorjahreszeitraum um ein Viertel (23,5 Prozent).
Sorgenkinder sind junge Autofahrerinnen und -fahrer
Junge Fahrzeuglenker:innen im Alter von 18 bis 24 Jahren sind besonders ablenkungsgefährdet. So geben 30 Prozent der Autofahrerinnen und -fahrer dieser Altersgruppe an, während der Fahrt mit dem Smartphone in der Hand zu telefonieren (alle Autofahrer und -fahrerinnen: 16 Prozent). Vier von zehn sagen, elektronische Nachrichten mit dem Handy in der Hand zu tippen oder zu lesen – das entspricht einem Anstieg um den Faktor 2,5 zwischen 2016 und 2022.
Fahrerüberwachung als präventive Maßnahme gegen Ablenkung stößt auf Ablehnung
Der Großteil der Fahrzeuglenkerinnen und -lenker steht einer elektronischen Überwachung des Fahrers, dem sogenannten Driver Monitoring, zur Fahrerzustandserkennung noch skeptisch gegenüber. So stimmen lediglich 39 Prozent der Befragten einer Kamera- bzw. Infrarotabtastung von Augen, Gesicht bzw. Kopf zu, bei der die Technik anonymisiert nur Ablenkung erkennt. „Für das Driver Monitoring besteht noch Überzeugungsbedarf“, sagt Christoph Lauterwasser. „Es soll dabei nicht um Bevormundung gehen, sondern um Unterstützung. Die neuesten Fahrzeug- und Verkehrstechniken ermöglichen es, Fahrerinnen und Fahrer bei Ablenkung zu warnen. Schon diese Rückmeldung kann zu einer positiven Verhaltensänderung beitragen. Das sollten wir nutzen, um den Straßenverkehr für uns alle sicherer zu machen.“