Gar nicht so einfach

01.07.2019

Foto: © vchalup - Stock Adobe

Gefangen in Traditionen

Immerhin tröstlich: Laut Studie hat bereits jede zweite der befragten Versicherungen (52 %) digitale Geschäftsmodelle entwickelt und mit deren Implementierung begonnen. Rechnet man die 9 % der Unternehmen hinzu, die sich aktuell in der Entwicklung befinden, sind es 61 % der 104 Studienteilnehmer, die über Erfahrungen mit digitalen Geschäftsmodellen verfügen. Dabei haben einige reine Online-Marken gegründet, ohne Außendienst, aber dafür mit Self-Service-Portalen, Multi-Kanal-Strategien und Chatbots, die teilweise schon Künstliche Intelligenz in der Kundeninteraktion einsetzen. „Interessant ist hierbei, dass mehr digitale Geschäftsmodelle beziehungsweise digitale Produkte und Services entstanden sind, wenn die Verantwortung für die Digitalisierung auf die Fachbereiche übertragen wurde“, so Zillmann. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Versicherungen für ihren digitalen Wandel mehr tun müssten, als einzelne Prozesse zu automatisieren oder einzelne Sparten und Produkte kundenzentrischer auszurichten. Sie deckt aber auch deren begrenzte Möglichkeiten auf. Zwar entwickelten zwei Drittel der Befragten digitale Lösungen mit einem hohen Bezug zu den einzelnen Kundengruppen, indem sie neue und veränderte Customer Journeys berücksichtigten. Fast 60 % gaben aber gleichzeitig zu, nur über unzureichende Erfahrungen und Kompetenzen in der Customer Journey-Analyse zu verfügen. Und sie haben ein unklares Zielbild, wie eine moderne Digital Customer Journey in der Versicherungsbranche aussieht. Als größte Hürde für die Entwicklung neuer digitaler Produkte und Services erweisen sich jedoch die hohen Datenschutzanforderungen im Umgang mit Kundendaten. 72 % der Befragten sehen darin den wichtigsten Behinderungsfaktor. Weiterhin be- und verhindern komplexe regulatorische Anforderungen sowie der Fokus auf Prioritäten und Investitionsschwerpunkte beim aktuellen Geschäftsmodell Innovationen am stärksten.

Makler auch in Zukunft von erheblicher Bedeutung

Aber welche „natürlichen“ Grenzen der Digitalisierung sehen die Versicherer selbst – und wie lassen diese sich überwinden? Dr. Tobias Warweg, Vorstand Makler-/Kooperationsvertrieb bei der HDI Vertriebs AG, erklärt dazu: „Ob Kunde oder Vertriebspartner: Die persönliche Bereitschaft entscheidet darüber, inwieweit sich jemand auf die Digitalisierung einlassen will – der Mensch setzt hier die Grenze. Digitale Prozesse, die nicht ausschließlich dem Selbstzweck des Unternehmens dienen, wollen daher mit Bedacht orchestriert sein“. Was einen hohen Standardisierungsgrad hat und wenig erklärungsbedürftig sei, eigne sich für die Digitalisierung – etwa die Kfz-Versicherung mit ihrer digitalen Abwicklung vom Angebot bis zur Police. Für einen digital skeptisch eingestellten Kunden könne eine Video-Beratung mit seinem Vermittler eine grenzüberschreitende, aber überzeugende neue Erfahrung sein. Nahezu immer sei die Akzeptanz digitaler Prozesse ein Zusammenspiel von individueller Situation, persönlicher Haltung und dem Angebot des Versicherers. Dr. Warweg: „So müssen wir die Customer Journey gestalten: Wem bieten wir was, wann, auf welche Weise an. Die größte natürliche Grenze ist und bleibt der Dschungel der existenziellen Vorsorge- und Risikoabsicherung.“ Hier wollten die Kunden einen kompetenten menschlichen Lotsen, auf dessen Empathie und Urteil sie vertrauen könnten. Das könnten digitale Assistenten oder Robo-Advisors nicht bieten. Dr. Warweg sieht deshalb die Makler noch lange nicht außen vor: „Insofern bin ich davon überzeugt, dass Vertriebspartner weiterhin eine entscheidende Bedeutung haben werden. Mit unserer Digitalisierungsoffensive #handschlag reichen wir Maklern die Hand und gehen gemeinsam mit ihnen in die digitale Zukunft. Auch unsere digitale Karrierewerkstatt „Schmiede“ für Maklerpioniere ist ein klares Bekenntnis zum Maklerberuf.“ In erheblichem Umfang fließen danach auch die Kundenwünsche und die Kundenmotivation in das Thema Digitalisierung ein. So sieht es auch Ulrich Leitermann, Vorsitzender der Vorstände der SIGNAL IDUNA Gruppe: „Wir wollen als Signal Iduna gemeinsam mehr Lebensqualität für unsere Kunden schaffen. Das heißt für uns, dass wir neben innovativen Produkten auch digitale Lösungen und Services entwickeln, die die Wünsche unserer Kunden widerspiegeln und ihnen so ein Mehr an Lebensqualität verschaffen.“ (hdm)