Finanzdienstleister profitieren von Rückabwicklungen
05.04.2019
Dennis Potreck Chief Sales Officer der helpcheck GmbH / Foto: © helpcheck
Bis zu 100 Millionen Renten- und Lebensversicherungsverträge unterliegen der Möglichkeit der Rückabwicklung aufgrund fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrungen. Für Finanzdienstleister eröffnet dies große Chancen, spürbare Mehrwerte für die Kunden zu schaffen.
Die Diskussion um fehlerhafte Widerrufsklauseln in älteren Renten- und Lebensversicherungsverträgen köchelt schon länger vor sich hin. Der Europäische Gerichtshof EuGH hatte seinerzeit entschieden, dass die Widerrufsbelehrungen in vielen Lebensversicherungsverträgen gegen die europäischen Richtlinien verstoßen und somit ein unendliches Widerrufsrecht gilt. Durch diese vertraglichen Formfehler kann in vielen Fällen das Widerspruchsrecht des Kunden, das bei einer einwandfreien Vertragsgestaltung nach 14 Tagen endet, zeitlich unbegrenzt ausgeübt werden. Das hat bei diesen Altverträgen zur Folge, dass sie auch heute widerrufen werden können, da das Widerrufsrecht niemals endet. Dies gilt sogar für bereits gekündigte, beitragsfreigestellte und ausgelaufene Verträge.
Mehrere hundert Urteile des Bundesgerichtshofs haben die Entscheidung des EuGHs bereits konkretisiert. Dadurch herrscht hohe Rechtsklarheit im Rahmen des Widerspruchsrechts von Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen dem 21. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden beziehungsweise ihren Versicherungsbeginn haben. Laut der Allianz-Versicherung sind bis zu 100 Millionen Kapitallebens- und Rentenversicherungsverträge am Markt (entspricht ca. 400 Milliarden Euro an eingezahlten Beiträgen), die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden, fehlerhaft.
Ein erfolgreicher Widerruf führt im Vergleich zu einer Kündigung oder Beitragsfreistellung zu erheblichen Mehrwerten: Durch eine gelungene Rückabwicklung werden überwiegend bis zu 100 Prozent der eingezahlten Beiträge zurückgezahlt, zusätzlich wird noch eine Nutzungsentschädigung fällig. Davon wiederum werden gegebenenfalls durch bereits eingetretene Versicherungsfälle ausgezahlte Leistungen beziehungsweise gezahlte Beiträge für biometrische Risiken (zum Beispiel für eine Todesfall- oder Berufsunfähigkeitsabsicherung) von der Summe abgezogen. Im Gegensatz dazu werden bei einer herkömmlichen Kündigung unter anderem Abschluss- und Verwaltungskosten einbehalten, sodass nur ein Teil der eingezahlten Beträge auch wirklich zur Verfügung steht. Das gilt vor allem bei wenig rentierlichen Verträgen, die längst die abgeführten Provisionen und Management-Vergütungen nicht aufgeholt haben und weiterhin Jahr für Jahr kaum positive Ergebnisse erzielen.
Für die Inhaber solcher Renten- und Lebensversicherungsverträgen kann sich der professionelle und strukturierte Widerruf also lohnen. Sie erhalten zumindest einen großen Teil ihrer Beiträge zurück und können das Geld dann neu anlegen. Daher bietet es sich auch für Finanzdienstleister wie Vermögensverwalter, Finanz- und Versicherungsmakler, Privatbanken, Family Offices und Honorarberater an, die Möglichkeit der Rückabwicklung für die eigenen Kunden anzubieten.
Welchen Vorteil der Finanzdienstleister bei einer Rückabwicklung hat und welche Probleme in der Praxis auftreten können, lesen Sie auf Seite 2