Fidelity: Politik muss Attraktivität der bAV stärken

19.09.2013

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Politik und Arbeitgeber müssen neben der privaten auch die betriebliche Altersvorsorge (bAV) stärker fördern. Bisherige Regelungen genügen nicht, um die drohende Rentenlücke im Alter zu schließen. Das war das Fazit der 7. Villa Mumm-Konferenz von Fidelity zur Zukunftssicherung der Altersvorsorge.

(fw/ah) Ob Schwarz, Rot, Gelb oder Grün - gleichgültig, welche Koalition aus der Bundestagswahl als Sieger hervorgehen wird - Fakt ist: Die Möglichkeiten der künftigen Bundesregierung bei der gesetzlichen Rente sind begrenzt. Die negativen Konsequenzen der demographischen Entwicklung für die Finanzierbarkeit der Altersvorsorge, die etwa in Japan seit geraumer Zeit sehr deutlich zutage treten, werden in Deutschland weiterhin unterschätzt.

Zwar wurden wichtige gesetzliche Weichen zur Leistungskürzung bereits gestellt. Denn die vorangegangenen Rentenreformen wie das Altersvermögensergänzungsgesetz und das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz sorgen dafür, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2030 von derzeit bestenfalls knapp 60 Prozent des letzten Nettoeinkommens auf nur noch 43 Prozent sinkt - und das bei nahezu unverändert hohem Renten-beitrag und wahrscheinlich höherem Renteneintrittsalter. Wie diese nach 2030 voraussichtlich noch weitergehende Absenkung der gesetzlichen Renten ausgeglichen werden soll, bleibt allerdings unklar.

Einer aktuellen Studie der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag von Fidelity Worldwide Investment zufolge beträgt die Rentenlücke eines Standardrentners bei lückenloser Erwerbsbiografie schon heute jeden Monat 650 Euro netto. Das sind 350 Euro mehr als bislang gedacht. Zwar fördert die Regierung die private und betriebliche Vorsorge - privat über die Riesterrente und betrieblich durch den gesetzlich verankerten Anspruch der Arbeitnehmer auf eine betriebliche Altersvorsorge. Doch die bisherigen Regelungen genügen einfach nicht, um die Lücke im Alter zu schließen, so der einhellige Tenor institutioneller Investoren und Wissenschaftler auf der 7. Villa Mumm-Konferenz.

Denn speziell die bAV führt in Deutschland im internationalen Vergleich eher ein Schattendasein. So kommen heute im Durchschnitt lediglich fünf Prozent der gesamten Altersbezüge aus der bAV - weitere fünf Prozent aus privater Vorsorge und der Rest aus der gesetzlichen Rente. Andere europäische Länder sind da bedeutend weiter: In Dänemark resultieren bereits 17 Prozent der Altersbezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge, in den Niederlanden sogar ein Drittel. "Wenn wir verhindern wollen, dass die Deutschen ihren Lebensstandard im Alter dramatisch zurückschrauben müssen, sollten hierzulande statt 5 Prozent künftig 25 bis 30 Prozent der Rente aus der bAV stammen", so Klaus Mössle, Leiter Institutionelles Geschäft bei Fidelity Worldwide Investment.

Dass es auch anders geht, beweisen die europäischen Nachbarn. In der Schweiz gibt es eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur betrieblichen Altersvorsorge. Die Briten haben vor gut einem Jahr eine abgemilderte Form eingeführt, bei der die Arbeitnehmer automatisch einen bestimmten Prozentsatz ihres Gehaltes per Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersvorsorge stecken, aber auch von ihrem Ausstiegsrecht Gebrauch machen können. Während der ersten Einführungswelle in Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern lag die Ausstiegsquote in Großbritannien bei unter 10 Prozent. Aber auch hierzulande gibt es positive Beispiele, wie die chemische Industrie: Seitdem sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter 2008 auf einen Tarifvertrag zur bAV einigten, erreichte die Durchdringungsquote in der bAV 60 Prozent.

Mössle plädiert daher dafür, die bAV zu einer tragenden Säule neben der privaten Vorsorge nach dem Vorbild anderer europäischer Länder auszubauen: "Bislang unternehmen der Gesetzgeber und Firmen noch zu wenig, um diesem Ziel näher zu kommen. Wir befürworten die Einführung einer automatischen Entgeltumwandlung mit Ausstiegsmöglichkeit und voller Beitragsflexibilität für den Arbeitnehmer. Diese Vorsorgepflicht sollte in jedem Arbeitsvertrag verankert sein und stellt eine einfache sowie transparente Lösung für Unternehmen und Mitarbeiter dar."