FERI blickt pessimistisch in die Zukunft
27.04.2017
Axel D. Angermann, Chefvolkswirt von FERI / Foto: © FERI
Kurzfristig positiv, langfristig eher negativ. So lässt sich der Blick der FERI-Experten auf die zukünftige weltwirtschaftliche Entwicklung zusammenfassen. Protektionistische Tendenzen sind bereits vor der Ära Trump zu beobachten.
Am 26. April fand zum 30. Mal das FERI-Konjunktursymposium statt, auf dem die Experten des Bad Homburger Investmenthauses gegenüber zahlreichen Vertretern aus der deutschen Wirtschaft ihre Analysen und Prognosen zur weltwirtschaftlichen Entwicklung vorstellten.
Die gute wirtschaftliche Entwicklung der USA hat positiven Einfluss auf die Weltwirtschaft, die laut den FERI-Experten in diesem Jahr deutlich zulegen wird. So wird für die USA in diesem Jahr ein BIP-Wachstum von deutlich über 2 % erwartet. Auch wenn weiterhin unklar sei, wie Donald Trumps Wirtschaftspolitik konkret aussehen wird, dürften die hochwahrscheinlichen Steuersenkungen einen zusätzlichen Wachstumsschub bringen, sodass im nächsten Jahr sogar ein Wirtschaftswachstum von mehr als 3 % im Bereich des Möglichen sei. Da mit dem wirtschaftlichen Aufschwung gleichzeitig die Inflation steigen dürfte, gehen die FERI-Experten davon aus, dass die Fed zu einer strafferen Geldpolitik übergehen und dem Aufschwung schließlich ein Ende bereiten wird. Deshalb dürfte die Weltwirtschaft, trotz der starken europäischen Konjunkturdaten, im Jahr 2019 wieder einen Abschwung erleben. „Die Weltwirtschaft befindet sich im Moment in einem Zwischenhoch, dessen wichtigste Triebkräfte günstige Finanzierungsbedingungen, fiskalpolitische Impulse und eine gewisse Erholung der Schwellenländer sind. Weil diese Faktoren aber nicht unbegrenzt wirken, werden mittelfristig wieder die strukturellen Wachstumshemmnisse die Oberhand gewinnen, vor allem die weiter steigende Verschuldung“, so Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe über die aktuelle Entwicklung.
Europa temporär mit positiven Überraschungen
FERI hat im vergangen Herbst seine Prognose für das Wachstum im Euroraum um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Angermann verweist auf die Belebung des Welthandels und die nachlassende Haushaltskonsolidierung in den meisten Staaten. „Herr Schäuble sollte sich die Finanzlage der öffentlichen Haushalte genau ansehen“, führt Angermann aus. „Nur in Griechenland steigt der strukturelle Überschuss des Staatshaushalts weiter an, aber gerade dieses Land bleibt eines der wachstumsschwächsten im Euroaum.“ Der langfristige Bestand des Euroraums sei aber am meisten durch Italien gefährdet, dessen Wirtschaft trotz einer leichten Verbesserung deutlich hinter dem Durchschnitt der Euro-Länder hinterherhinke. „Wir sehen inzwischen selbst in Frankreich deutliche Anzeichen für eine höhere wirtschaftliche Dynamik. Ein Wahlsieg Macrons könnte Reformen erleichtern, was dem Euroraum insgesamt zugute käme. Die politische und wirtschaftliche Labilität Italiens fällt entsprechend noch mehr ins Auge,“ so Axel Angermann. Ein Erlahmen des Aufschwungs in den Vereinigten Staaten würde allerdings die anhaltende Divergenz der ökonomischen Entwicklung und die ungelösten strukturellen Probleme des Euroraums wieder zutage treten lassen. „Schafft es die EU in den kommenden zwei Jahren nicht, eine überzeugende Antwort auf die Herausforderungen des Brexit zu finden, ist ihr Überleben in Gefahr.“
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