Fed und EZB vor wichtigen Entscheidungen
08.06.2018
Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management / Foto: © Twenty Four Asset Managment
Nach der bisher wohl hektischsten Woche des Jahres ist zumindest vorübergehend eine gewisse Ruhe an die Märkte zurückgekehrt. Von den politischen Turbulenzen in Italien und in geringerem Maße auch in Spanien verlagert sich der Fokus nun zunehmend wieder auf die Politik der Zentralbanken. Nächste Woche stehen gleich zwei wichtige Zentralbanksitzungen im Kalender.
Den Anfang macht am Mittwoch der FOMC-Zinsentscheid, gefolgt von der Pressekonferenz mit Jerome Powell. Aktuell wird laut Bloomberg eine Zinserhöhung um ein Viertelprozent mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent eingepreist. Dieser Einschätzung schließen wir uns angesichts der anhaltend starken Konjunktur an. Tatsächlich sollte der eindeutig starke US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag die Zweifel der bis dato noch unschlüssigen FOMC-Mitglieder ausgeräumt haben.
Die bevorstehende Zinsstraffung ist also eingepreist und unsere Aufmerksamkeit richtet sich daher vor allem auf den Verlauf der Renditekurve und darauf, wie stark sie die Entscheidung der FOMC-Mitglieder beeinflusst. In dieser Woche durchbrach der Spread zwischen zwei- und zehnjährigen Papieren die Marke von 42 Basispunkten. Damit ist die Kurve so flach wie seit 2007 nicht mehr. Interessanterweise war das letzte Mal, dass die Fed bei einer derart flachen Kurve die Zinsschraube anzog, im Juni 2006. Und dies war zugleich die letzte Zinsstraffung in einer sich über zwei Jahre erstreckenden Serie von 17 Zinsschritten nach oben. Zieht die Fed nächste Woche die Zinszügel an, wird dies erst das siebte Mal in der aktuellen Serie sein. Aber schon jetzt ist die Kurve so flach wie 2006. Deshalb werden wir bei der Pressekonferenz sehr aufmerksam zuhören, da wir ernsthaft bezweifeln, dass die FOMC bereit ist, alle derzeit von seinen Mitgliedern in Aussicht gestellten Zinserhöhungen durchzuführen – vor allem wenn die momentane Abflachungsdynamik anhält.
Wird der Ausschuss mit Äußerungen über die fehlende Laufzeitprämie versuchen, das lange Ende der Kurve höher zu reden? Oder wird er eine Atempause im Straffungszyklus andeuten, solange die Kurve so flach ist, und damit in Kauf nehmen, dass die Inflation etwas über ihr Ziel hinausschießt? Dies sind die zentralen Botschaften, anhand derer Anleger bestimmen sollten, wie sie sich entlang der Renditekurve positionieren.
Am Donnerstag stehen dann die Ergebnisse der Juni-Sitzung des EZB-Rats auf der Agenda. Änderungen der EZB-Politik werden zwar nicht erwartet. Aber nach uns vorliegenden Informationen werden die Ratsmitglieder in diesem Monat über das Ende des Anleihekaufprogramms sprechen. Wir erwarten eine Ankündigung, dass die monatlichen Käufe im Volumen von 30 Milliarden Euro Ende September weiter gedrosselt werden, bevor sie Ende 2018 vollständig auslaufen. Auch dies ist am Markt weitgehend Konsens. Aber es wird die Aufmerksamkeit der Anleger auf technische Marktfaktoren lenken, die in der Zeit der Bilanzvergrößerung der EZB verzerrt waren. Wichtig ist dabei jedoch, dass die Bilanz in dieser Größenordnung bleibt und Erlöse aus fälligen Anleihen weiterhin reinvestiert werden. Zweifellos wird das jedoch Auswirkungen auf die Staatsanleihen der Eurozone haben, und zwar KEINE positiven. Angesichts der Turbulenzen in Italien in der vergangenen Woche ist zudem das Timing mit Blick auf italienische Staatsanleihen weder für das italienische Schatzamt noch für die neue Regierung ideal.
Wir erwarten, dass Mario Draghi einige heikle Fragen zu Italien gestellt werden sowie Fragen darüber, ob die jüngsten politischen Turbulenzen die Entscheidungen der EZB beeinflusst haben. Allerdings ist der EZB-Chef gut darin, solchen Fragen auszuweichen.
Interessanter ist vielleicht, wie lange die Zinsen unverändert bleiben, nachdem das Anleihekaufprogramm beendet wurde. Bislang war stets von „erheblicher“ Zeit die Rede, was die Märkte als etwa sechs Monate interpretiert haben. Das würde bedeuten, dass wir noch gut zwölf Monate von der ersten Zinserhöhung im Euroraum entfernt sind.
Marktkommentar von Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management