Europäische Anleihen – Spreads gehen weiter auseinander

15.06.2020

Lior Jassur, DBA, Director, Fixed Income Research Europe MFS Investment Management / Foto: © MFS Investment Management

Das bedeutet nicht, dass die Krise an den Banken spurlos vorübergeht. Doch nach der internationalen Finanzkrise hat sich viel getan: Viele Banken haben in Erwartung von mehr Problemkrediten und zweifelhaften Forderungen zusätzliche Rückstellungen gebildet und im letzten Jahrzehnt Kapitalpuffer aufgebaut. Bisweilen haben sie in Erwartung der nächsten Krise auch ihre Dividenden gekürzt. Viele Nichtbanken haben hingegen neue Schulden aufgenommen, um ihre Aktionäre zu bedienen. High-Yield-Emittenten, die neues Kapital aufnahmen, um Dividenden zu zahlen, waren keine Seltenheit.

In den nächsten 12 bis 24 Monaten scheint ein deutlicher Anstieg der Zahlungsausfälle fast unvermeidlich. Dies sieht man am Spread des European iTraxx Crossover Index, eines Index für handelbare Credit Default Swaps (CDS). Er beträgt zurzeit rund 540 Basispunkte, was einer kumulierten Ausfallquote von 36% in den nächsten fünf Jahren entspricht. Das scheint auf den ersten Blick nicht viel, doch der Index besteht aus den liquidesten CDS-Kontrakten am High-Yield-Markt, die meist auch eine bessere Kreditqualität haben. Die wirklich schwachen Emittenten sind nicht im Index enthalten.

Der Spread des Bloomberg Barclays Pan-European High Yield Index beträgt zurzeit rund 640 Basispunkte. Ein Teil davon mag auf die Liquiditätsprämie entfallen, doch stehen 640 Basispunkte für eine kumulierte Fünfjahres-Ausfallquote von 40%. Der Unterschied zwischen den beiden Indizes bedeutet meiner Ansicht nach, dass viele kleine, schwächere Unternehmen zu scheitern drohen. High-Yield- Investoren achten immer auf Ausfallrisiken, zumal man sie bei hochverzinslichen Anleihen nicht immer vermeiden kann. Mit aktivem Management lassen sie sich aber zumindest verringern.

Die letzte Strophe des Songs lautet übrigens:

Soon we’ll be without the moon, humming a different tune and then There may be teardrops to shed So while there’s moonlight and music and love and romance Let’s face the music and dance.

Wird die Musik wirklich aufhören zu spielen? Und werden wir dann traurig sein? Ausschließen können wir es jedenfalls nicht.

Marktkommentar von Lior Jassur, DBA, Director, Fixed Income Research Europe MFS Investment Management