Es ist zu früh, das Ende der Zinserhöhungen einzuläuten

17.02.2023

Mark Elser, Country Manager Germany bei iBanFirst / Foto: © iBanFirst

Weltweit kämpfen die Notenbanken gegen die hohen Inflationsraten. Einige Zentralbanken wollen jetzt aber eine Pause bei den Erhöhungen einlegen. Doch das bedeutet nicht, dass der Kampf gegen die Inflation schon gewonnen wäre. Die Lage an den Devisenmärkten bleibt entsprechend volatil.

Wie wäre es mit einer Pause? Diese rhetorische Frage stellen sich offen oder insgeheim derzeit viele Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer. Das Tempo, in dem die Notenbanken weltweit seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine, den darauffolgenden Verwerfungen am globalen Energiemarkt und der Rückkehr der totgeglaubten Inflation die Leitzinsen nach oben geschraubt haben, erstaunt noch heute viele Beobachter. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jüngst Anfang Februar 2023 die Leitzinsen erneut erhöht – und zwar um 0,5 Prozentpunkte. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt damit seit 8. Februar bei drei Prozent. Der Einlagenzins, der die Sparzinsen für Verbraucherinnen und Verbraucher maßgeblich bestimmt, bei 2,5 Prozent. Das erste Mal nach vielen langen Jahren der Null- oder sogar Negativzinsen hatten Europas Währungshüter am 21. Juli vergangenen Jahres die Leitzinsen angehoben und damit die rasante Zinswende in Europa eingeläutet.

Jetzt zu Jahresbeginn warten alle gespannt darauf, wann die Notenbanken eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen werden. Einige wenige, wie die Bank of Canada und die Bank of England, haben dies bereits angekündigt. Der Rest dürfte bis zum Sommer 2023 nachziehen.

Doch das bedeutet keineswegs, dass der Kampf gegen die Inflation schon gewonnen wäre. US-Notenbank-Chef Jerome Powell erinnerte erst vor wenigen Tagen daran, dass Notenbanken dazu neigen würden, den Sieg über die Inflation zu früh zu verkünden. Es ist daher weiter Vorsicht geboten. Unserer Einschätzung nach bedeutet dies, dass die Zinsen dauerhaft hoch bleiben werden und dass die vom Markt eingepreisten Erwartungen sinkender Leitzinsen ab der zweiten Jahreshälfte sicherlich falsch sind. Die hohen Zinsen werden uns noch lange begleiten, und damit haben auch die restriktiven finanziellen Bedingungen Bestand.

Kapitalmarktteilnehmende, Banken, aber gerade auch Unternehmen, die international in unterschiedlichen Währungsräumen aktiv sind, sollten sich auf dieses anhaltend volatile Umfeld einstellen – und entsprechend vorsorgen. Besonders mit Blick auf die wichtigsten Devisenpaare gilt es mit offenem Blick zu handeln. Das sind aktuell unsere Bestandsaufnahmen und Prognosen für das Verhältnis von Euro zu US-Dollar, britischem Pfund, Yen und Schweizer Franken:

EUR/USD

EUR/USD verzeichnete im Januar eine starke Erholung. Dies lag daran, dass es mehr gute als schlechte Nachrichten über die Konjunkturentwicklung in der Eurozone gab. Die befürchtete Rezession blieb aus. Auch die Energiekrise verläuft milder als erwartet. Die Europäische Zentralbank wird auf ihrer nächsten Sitzung im März voraussichtlich eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte bekanntgeben, bevor sie über die weitere Entwicklung der Leitzinsen entscheidet. Bei der US-Notenbank sieht das Muster ähnlich aus. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Zinserhöhung mit 25 Basispunkten moderater ausfallen könnte. Die Geldpolitik dürfte keine besondere Auswirkung auf die Richtung des EUR/USD-Kurses haben. Wir sind immer noch bullish für das Paar. In den kommenden Wochen sind neue Katalysatoren erforderlich, um die Marke von 1,10 nachhaltig zu überwinden.

EUR/GBP

Für EUR/GBP haben wir unter allen Währungspaaren die geringsten Zweifel an der kurz- und mittelfristigen Kursentwicklung – wir gehen von einem Anstieg aus. Das nächste Ziel ist ein nachhaltiges Überschreiten des Bereichs um 0,90. Die erwartete anhaltende Rezession im Vereinigten Königreich, die nach Einschätzung der Bank of England fünf Quartale dauern wird, und die akute Energiekrise werden in dem Land zunehmender Verarmung führen.

EUR/JPY

Bei EUR/JPY gab es im Januar ein Auf und Ab. Der Markt hatte wegen der zunehmenden Teuerung eine Straffung der japanischen Geldpolitik erwartet, zu der es am Ende aber nicht kam. Dadurch erklärt sich die Rückkehr der Volatilität. Der Wechsel an der Spitze der japanischen Zentralbank Anfang April könnte auch eine Gelegenheit zum Wechsel der geldpolitischen Strategie bieten und damit den Ausstieg aus der Negativzinspolitik einleiten. Langfristig dürften die Anleger zum JPY zurückkehren.

EUR/CHF

EUR/CHF ist seit mehreren Sitzungen relativ stabil – er bewegt sich nahe der Parität. Der Anstieg des Euro ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es zu Jahresbeginn mehr gute als schlechte Nachrichten über die Konjunkturentwicklung in der Eurozone gab. Wir bezweifeln jedoch, dass diese Entwicklung gegenüber dem Schweizer Franken von Dauer sein wird. Der CHF dürfte dieses Jahr deutlich an Wert gewinnen. Unserer Einschätzung nach wird die Schweizerische Nationalbank ihre restriktive Geldpolitik längerfristig beibehalten, da sich die Inflationssorgen verstärkt haben.

Gastbeitrag von Mark Elser, Country Manager Germany iBanFirst