Erst wird aufgeräumt
22.02.2022
Hilfe im Ahrtal – Die Arbeit ist noch nicht getan / Foto: © Kinderhilfswerk ICH e.V.
Die Deutschen sind sensibler geworden
Aufgerufen zu mehr eigener Vorsorge sind aber grundsätzlich auch die Bürger selbst. Und dies bereits bei der Überlegung, wohin sie eigentlich ihr Haus stellen wollen. Zumindest aber sollten sie sich um ausreichenden Versicherungsschutz kümmern. Damit lassen sich Hochwasserkatastrophen selbst zwar nicht vermeiden, die finanziellen Folgen aber schon. Deshalb drängt sich – nicht zum ersten Mal – die Frage auf, ob die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz/NRW Auswirkungen auf die Nachfrage nach derartigem Versicherungsschutz gehabt hat. Dr. Christoph Lüer, Chief Underwriting Officer der Zurich Gruppe Deutschland, erkennt tatsächlich eine heilsame Wirkung der ein halbes Jahr zurückliegenden Ereignisse: „Natürlich haben die jüngsten Unwetterereignisse die Bevölkerung für die Bedeutung eines umfassenden Elementar-Versicherungsschutzes sensibilisiert.“ Vielen Kunden habe das Drama dramatisch vor Augen geführt, dass nicht nur Gebäude in Flussnähe oder in einem erdbebengefährdeten Gebiet Elementarrisiken ausgesetzt sind, sondern Starkregenereignisse auch in vermeintlich sicheren Lagen zu schweren Schäden wie etwa der Überflutung der Kellerräume führen könnten. Vor allem im Westen und Süden sehe man seither eine erhöhte Nachfrage nach Elementardeckungen. Dr. Lüer: „Als Versicherer haben wir bereits seit Jahren immer wieder versucht, unsere Kunden für die Absicherung des Elementarrisikos zu sensibilisieren. Dies spiegelt sich auch in einer steigenden Verbreitung dieser Deckung in unserem Bestand – wobei man nicht übersehen darf: Ein Wechsel der Gebäudeversicherung findet eher selten statt, am ehesten bei einem Eigentümerwechsel.“ Entsprechend langsam steige bisher die Versicherungsdichte.
Teurer wird es auf jeden Fall
Aber ist eine Vorsorge gegen solche Katastrophen überhaupt möglich? Dr. Lüer berichtet von einem Schlendrian ohnegleichen: „In Deutschland ist nicht einmal die Hälfte der Häuser gegen Starkregen und Hochwasser versichert, dabei wäre ein Schutz für fast alle verfügbar. Wir sprechen uns daher für ein neues Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung aus Aufklärung, verbindlichen Maßnahmen zur privaten und staatlichen Prävention und Versicherung aus.“ Unwetterkatastrophen wie das Hochwasser in NRW und Rheinland-Pfalz ließen sich nur im verantwortlichen Zusammenwirken von Bund, Ländern, Kommunen, Hauseigentümern, Kreditwirtschaft, Mietern und Versicherern minimieren. Der Klimawandel ist die eine Seite der Medaille. Auf private Hauseigentümer kommt aber noch ganz anderes Ungemach zu. Dr. Lüer: „Voraussichtlich werden wir unsere Prämien im Bereich der Wohngebäude- und Elementarversicherung in den kommenden Monaten um 5 bis 10 % erhöhen. Dies ist aber weniger den jüngsten Elementarereignissen geschuldet als vielmehr der deutlichen Inflation der Schadenkosten im Baubereich sowie den generell seit Jahren steigenden Schadenzahlen in der Gebäudeversicherung.“ Getrieben werde diese Kosteninflation aktuell durch die bekannten globalen Störungen der Lieferketten sowie knappe Handwerkerkapazitäten. Hinzu komme die Alterung des deutschen Gebäudebestands, die sich insbesondere in weiter steigenden Leitungswasserschäden niederschlage. (hdm)