Energiekrise: Deutschland braucht seinen eigenen Marshallplan
31.08.2022
Katharine Neiss- Foto: © PGIM Fixed Income
Der Krieg in der Ukraine ist ein weiterer Schlag für die deutsche Industrie, die auf billige fossile Brennstoffe aus Russland angewiesen ist. In einem Worst-Case-Szenario eines plötzlichen Stopps der russischen Energielieferungen nach Deutschland schätzen wir, dass die kumulativen Auswirkungen einer unangemessenen Politik über mehrere Krisen hinweg bis zu 15 % des deutschen BIP ausmachen könnten.
Stattdessen könnte Deutschland in die öffentliche Infrastruktur investieren, und zwar in einer Größenordnung, die an den Marshallplan erinnert. Insbesondere Investitionen in die Energieinfrastruktur, wie der Next Generation EU, den Deutschland während der Pandemie unterstützt hat, würden die Sicherheit des Landes erhöhen, den ökologischen Wandel beschleunigen und positive Innovations-Spillover-Effekte erzeugen.
Auch das Eigeninteresse spricht für Investitionen. Angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft würden höhere Ausgaben die gesamte Europäische Union stärken. Die tiefe Integration des Landes in die EU-Wirtschaft würde wiederum dazu führen, dass die wirtschaftlichen Vorteile nach Deutschland zurückfließen.
Deutschland verfügt über die Talente und Ressourcen, die für die von uns vorgeschlagenen Investitionen erforderlich sind. Die Politiker der ersten Reihe sollten eine zuversichtliche Vision für die Zukunft des Landes entwerfen und darauf vertrauen, dass sich die Investitionen in ihr Land auszahlen werden. Ja, höhere Ausgaben bedeuten mehr Schulden, aber künftige Generationen werden das Vermögen erben, das durch diese Schulden aufgebaut wird. Nicht zu investieren, wird zu einem dauerhaften Verlust des BIP führen – ein schwacher Trost für jede Generation.“
Marktkommentar von Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income