Endlich Land in Sicht?

17.10.2024

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Die Immobilienbranche hat goldene Zeiten hinter sich. In der jüngeren Vergangenheit verhagelten Krieg, Zinserhöhung und andere Umstände die Bilanz. Pleiten bei Projektfinanzierern und gedämpfte Nachfrage seitens der Käufer waren die Folge. Doch nun scheint die Talsohle durchschritten zu sein.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 22.03.2024: „Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind im vergangenen Jahr wegen der schwachen Nachfrage als Folge hoher Bauzinsen in Rekordtempo gefallen. Sie gaben um durchschnittlich 8,4 % im Vergleich zu 2022 nach, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte.“ Ja, mit dem Blick in den Rückspiegel muss man festhalten, dass die Branche mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Das haben Sie in Ihrem Berateralltag bestimmt auch öfters festgestellt. Betongold? Puh, der Selbstläufer zur eigenen Wohnimmobilie hat sich für viele Bundesbürger ausgeträumt. Oder es wurde zu einem Albtraum. Nun deutet sich eine Richtungsänderung an. Das lässt hoffen.

Sinkende Zinsen und knappes Angebot

Die Preise am deutschen Immobilienmarkt haben wieder angezogen. Die Wirtschaftsforscher des IfW sehen eine Trendwende nach einer rund zweijährigen Phase sinkender Immobilienpreise. In den Monaten April bis Juni seien die Immobilienpreise in Deutschland wieder gestiegen, so das IfW. Im Vergleich zum 1. Quartal des Jahres stiegen die Preise für Eigentumswohnungen im 2. Quartal um 2,4 %. Einfamilienhäuser kosten 2 % mehr. Preise für Mehrfamilienhäuser legten um 4,4 % zu. Im Vorquartal waren die Preise noch gefallen. Grundlage der Angaben ist der Immobilienpreisindex Greix, der Daten von 19 Städten enthält. „Die Trendwende auf dem Immobilienmarkt ist eingeläutet“, gab IfWForscher Jonas Zdrzalek in einem Interview als Begründung an. Die Unsicherheit bei den Interessenten nehme offensichtlich ab, zudem stabilisiere sich die Lage bei den Zinsen und das knappere Angebot sorge für Preisteuerungen. „Die Anzeichen für ein Aufhellen der Situation sind erkennbar. Die Stimmung am Markt hat sich Ende 2023 deutlich verbessert, und das ist bis heute deutlich spürbar, auch wenn die teilweise vorhandene Euphorie von Ende 2023 bis jetzt etwas nachgelassen hat. Das trifft auf den B2B-Markt genauso zu wie auf den B2C-Bereich“, bemerkt Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING. Das unterstreichen Aussagen anderer Marktteilnehmer. „Es fühlen sich wieder mehr Deutsche ermutigt, den Traum von der eigenen Immobilie angehen zu wollen“, sagt Interhyp-Chef Jörg Utecht in einem Interview mit der WirtschaftsWoche.

Preise klettern moderat nach oben

Diese Entwicklung lässt sich auch am Interhyp-Immobilienindex ablesen. In den größeren Städten ziehen die Immobilienpreise im Vergleich zum 1. Quartal 2024 durchweg an. Während die Preise in Hamburg (+0,3 %) oder Leipzig (+0,6 %) moderat stiegen, gab es in Berlin (+1,3 %), Stuttgart (+1,5 %), München (+1,9 %), Köln (+2,1 %) oder Frankfurt (+2,2 %) deutlichere Zuwächse. „Der Anstieg betrifft alle Segmente: So sind die Preise sowohl von Bestandsimmobilien, die vor 1990 gebaut wurden, als auch neueren Objekten (Baujahr nach 2010) im Vergleich zum Vorquartal um 1,2 % gestiegen. Bei Wohnungen fällt die Preissteigerung mit 1,6 % noch etwas deutlicher aus als bei Häusern (+1 %)“, so Utecht. Auch die Kieler Wirtschaftsforscher halten es für möglich, dass die Korrektur am Immobilienmarkt nach rund zwei Jahren endet. Der Preisindex GREIX verzeichnete in rund zwei Jahren einen Preisrückgang von circa 14 %, teilte das IfW mit.

Schwachstelle Neubau

Etwas Wasser in den Wein zu gießen sei aber auch an dieser Stelle erlaubt. Denn gerade bei gänzlich neuen Projektentwicklungen sieht es nach wie vor eher mau aus. Hier greift die Zinswende noch nicht. Und die Rohstoffe sind teurer geworden. „Aus meiner Sicht werden wir noch länger im Neubaugeschäft in der Talsohle, also auf einem niedrigen Niveau verbleiben. Es gibt zu viele Projektentwickler und Bauträger, die in den letzten zwei Jahren keine neuen Bauvorhaben begonnen haben und das aktuell aufgrund diverser Themen (fehlende Baukostensicherheit, Unsicherheit bezüglich gesetzlicher Anforderungen, Fachkräftemangel) auch nicht planen. Selbst wenn diese wieder in Fahrt kommen, dauert es einige Zeit, bis hier verwertbare Ergebnisse vorliegen und Einfluss auf den Gesamtmarkt sowie statistische Relevanz haben“, bemerkt ING-Experte Hein an dieser Stelle. Zu bedenken gilt auch das regionale Gefälle innerhalb Deutschlands. In den Zentren und Randlagen der Metropolen boomt das Business. Angelockt auch durch das Arbeitsangebot. In wirtschaftlich schwächeren Lagen, beispielsweise in Teilen Mittel- und Ostdeutschlands, darbt das Immobiliengeschäft weiterhin. Dennoch ist ein positives Momentum festzustellen. Nach viel Ebbe in den vergangenen Jahren ist nun wieder Land in Sicht. Immobilien jedweder Art haben ihren Reiz nicht (gänzlich) verloren. In der Assetallokation spielen diese zudem nach wie vor eine Rolle. (ah)