Eine unendliche Geschichte
08.01.2018
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass der Schuldenstand in Bezug zum BIP die 100-Prozent-Grenze in den wichtigsten Industrieländern bzw. Emerging Markets überschritten hat. Die BRD ist zwar mit 70 Prozent die Einäugige liegt aber auch über den ursprünglichen Maastricht-Kriterien. Wie die Deutsche Bundesbank jüngst errechnete, hat Deutschland in den letzten zehn Jahren durch die Zinsmanipulation der Notenbanken rund 250 Mrd. an Kreditzinsen gespart. Im „Normalfall“ hätte es also nie eine „schwarze Null“ gegeben und unsere Schulden lägen auch näher in Richtung 100 Prozent.
Von der Politik ist auch keine Hilfe zu erwarten. Noch nie hatte man den Eindruck, dass soweit am Volk vorbeiregiert wird. In der EU merkt man gar nicht (zum Beispiel Juncker), wie sehr diese Politik auf Ablehnung stößt. Es ist schon erstaunlich, wie konsequent Politiker an Strategien festhalten, die schon lange gescheitert sind. Zusammen mit der Politik der USA könnte man das Geschehen auch als AfD-Wahlprogramm bezeichnen. Ich fürchte mich vor dem Tag, wo aus tiefgreifenden Sorgen, bitterer Erfahrung (zum Beispiel Air Berlin) und geschürten Ängsten „Wutbürger“ entstehen.
Ich möchte kein Crash-Guru sein und niemandem den derzeitigen Spaß, bzw. Erfolg an der Börse nehmen. Ich möchte nur, dass jeder Privatanleger sich auch mit den Risiken befasst. Dass er nicht die Gier, sondern auch die Vernunft walten lässt. Eine prozentuale Aufteilung der Anlagegruppen (Diversifikation) und damit auch eine Begrenzung des jeweiligen Risikos, das nun einmal jede Anlageform enthält, hilft, den Totalschaden zu vermeiden.
Was glauben denn die Anleger, was an der Börse passiert, wenn in China die Kreditblase platzt? Immerhin werden schon ein Drittel der Kredite über das Schattenbanksystem abgewickelt. Oder wenn der Ölpreis wieder in Richtung 30 Dollar abtaucht. Wenn die November-Inflation von fast 13 Prozent in der Türkei zum Kollaps der Wirtschaft führt? Oder wenn das „Inflationsziel“ der Notenbanken in 2018 nicht nur erreicht, sondern auch überschritten wird? Selbst ein Crash beim Bitcoin-Kurs, der sich in 2017 im Hoch verzwanzigfacht hat, wird nicht ohne Auswirkung auf die Kapitalmärkte bleiben. Der Wert hat sich immerhin auf über 250 Mrd. hochgeschaukelt. Der jüngste 40 prozentige Einbruch in fünf Tagen war dann nur ein Vorgeschmack.
Zur Belastungsprobe in 2018 könnte Italien werden, wenn im Frühjahr gewählt wird. Zudem tritt eine EU-Vorgabe in Kraft, wonach notleidende Kredite mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen. Wird die Vorgabe ausnahmsweise ernsthaft eingeführt, ist die nächste Bankenkrise vorprogrammiert.
Als Versicherung für irgendeinen Fall der Fälle empfehle ich einen zehn bis 20 prozentigen Anteil in Edelmetallen. Doch die stehen ja derzeit nicht in den Schlagzeilen. Teilweise wird vom Kauf auch abgeraten. Die Kursentwicklung gibt denjenigen derzeit leider Recht. Aber sollte ein Risiko eintreten, wird ein Aufspringen nur schwer möglich sein. Die Aktienkurse der Produzenten „gehen ab wie Schmidt´s Katze“ und physisches Material ist vielleicht nicht mehr zu beschaffen (wie 2011).
Wohl dem, der einen Teil seines Vermögens schon in Edelmetallen angelegt, zwischenzeitlichen Kursstillstand oder gar Verluste ausgesessen hat, weil er sich des strategischen Wertes eines Edelmetall-Engagements bewusst ist. Gier verhindert unter anderem den ruhigen Einstieg zu vernünftigen Preisen und zu Zeiten, in denen sich niemand für die Edelmetalle interessiert. Und wie sagte mir einmal ein erfahrener Commerzbank-Analyst: Manchmal musst du dein Geld mit dem Hintern verdienen (kaufen und drauf sitzen bleiben).
Kolumne von von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH