Eine Rakete im Trudelflug
26.08.2020
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Hier und da Luft nach oben
Doch was sagen die bAV-Anbieter selbst zur mangelhaften Nutzung? Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender von HDI Pensionsmanagement und im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG für bAV verantwortlich und mitverantwortlich für ‚Die Deutsche Betriebsrente‘, die Konsortiallösung von Talanx und Zurich für das Sozialpartnermodell, erklärt: „Das BRSG hat der bewährten bAV eine Vielzahl von Verbesserungen gebracht, die bisher unterschiedlich stark genutzt werden.“ Er nennt zwei Beispiele: Der obligatorische 15 %ige Arbeitgeberzuschuss habe einen Soforteffekt erzielt. Er mache die bAV für Arbeitnehmer mit einem Schlag noch viel lohnender, als sie zuvor ohnehin schon gewesen sei. Wenn man alle Ertragsquellen inklusive Arbeitgeberzuschuss addiere, seien jetzt Gesamtrenditen von mehr als 7 % drin. Bei der Förderung von Geringverdienern sei hingegen noch Luft nach oben. Robert Dickner, Experte für Vertriebsunterstützung bAV und Kollektive der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a. G., sieht die Angelegenheit weniger euphorisch: „Neben weiterer Aufklärungsarbeit ist sicherlich auch die ein oder andere Stellschraube im System zu begutachten und gegebenenfalls zu optimieren.“ Dies führe zwangsläufig zu einer Zurückhaltung bei der Nachfrage. Dominik Stadelbauer, Leiter Leben Marktmanagement Firmen der Nürnberger Lebensversicherung AG, weist auf einen speziellen Punkt hin: „Das BRSG ist sicherlich mehr als nur das Sozialpartnermodell. Wir haben deshalb im vergangenen Jahr einen deutlichen Zuwachs auf die ‚alte bAV-Welt‘ erlebt, der deutlich die Attraktivität der staatlich geförderten Altersversorgung zeigt.“ Beim Sozialpartnermodell handele es sich um etwas komplett Neues, so dass hier entsprechende Vorlaufzeiten für die technische Infrastruktur sowie die Verhandlungen der Vertriebspartner notwendig gewesen seien.
Riester am bAV-Markt unterrepräsentiert
Uneingeschränkten Beifall spendet von Löbbecke der Reform in einem Punkt: „Die bAV mit Riester-Förderung ist, neben dem obligatorischen Arbeitgeberzuschuss, die zweite große Erfolgsgeschichte, die sich aus dem BRSG entwickelt hat.“ Denn der Gesetzgeber habe endlich mit der Doppelverbeitragung von riestergeförderten bAV-Renten Schluss gemacht. Bei HDI könnten Arbeitnehmer in den Direktversicherungen TwoTrust Selekt und TwoTrust Kompakt sowohl die steuerfreie Entgeltumwandlung als auch die Riester-Förderung nutzen – je nachdem, was sich gerade mehr lohne. Sie könnten sogar ihren laufenden monatlichen Beitrag auf beide Förderarten verteilen. Diese Möglichkeit biete nur HDI. Für Arbeitnehmer habe das zwei Vorteile: Einerseits könnten sie sich jederzeit die höchstmögliche staatliche Förderung sichern. Andererseits löse das sogenannte Förder-Hopping viele typische Störfälle der bAV: Erziele ein Arbeitnehmer vorübergehend kein Arbeitsentgelt könne er seinen Vertrag privat mit Riester-Förderung weiter besparen. Und in der Tat war das nur ungefördert möglich. Auch für Vermittler ist diese Regelung ein Fortschritt, weil häufige Storno-Gründe in der bAV wegfallen. Stadelbauer schränkt allerdings ein: „Die Riester-Förderung ist im Rahmen der bAV auch weiterhin sehr stark unterrepräsentiert.“ Obwohl der Gesetzgeber mit dem BRSG die doppelte Beitragspflicht abgeschafft habe, seien hohe administrative Verpflichtungen für den Arbeitgeber etwa bei der Zulagenbeantragung geblieben. Und überhaupt sei Riester aktuell weiterhin eher ein Nischenprodukt in der bAV. Dem stimmt Dickner zu: „Aus meiner Sicht spielt die Möglichkeit der Riester-Förderung bei der bAV im Marktgeschehen keine bedeutende Rolle. Das wird sich vermutlich auch in der Zukunft nicht signifikant ändern.“ (hdm)