Eine attraktive Nische

05.05.2023

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Gewerbliche Wohnformen wie Serviced Apartments und andere Micro-Living-Angebote zeigten in den Krisen der letzten Jahre deutlich ihre Stärken. Die verschiedenen Modelle des temporären Wohnens fallen – zumindest noch – in eine Nische zwischen Wohn- und Hotelsegment. Der demografische Wandel und eine neue Arbeitswelt begünstigen ein deutliches Wachstum des Markts. Für Investoren bieten sich dabei gute Chancen für attraktive Anlagen.


Obwohl die Corona-Pandemie auch an temporären Wohnformen wie Serviced Apartments nicht spurlos vorbeiging, zeigte sich der Markt laut Savills deutlich robuster als das Hotelsegment. Bis 2025 soll das Angebot für Serviced Apartments um 21,2 % weiter wachsen. 2021 flossen 496,6 Mio. Euro in Serviced Apartments in Europa, ein Rückgang des Transaktionsvolumens von 42,9 % im Vergleich zu 2020. Hauptursache dafür war Savills zufolge ein mangelndes Angebot, trotz hoher Nachfrage auf Investorenseite. Matthias Rincón, geschäftsführender Gesellschafter IPARTMENT GMBH, ist zuversichtlich für 2023: „Insgesamt entwickelt sich der Markt sehr positiv, trotz Krisen. So zeichnet sich einerseits eine steigende Nachfrage ab, andererseits eine Verknappung des Angebots, denn aufgrund der schwierigen Finanzierung, wird es immer weniger Bauvorhaben und Neueröffnungen geben. Dadurch werden auch die Buchungspreise anziehen.“ Die Nachfrage auf Mieterseite steigt ebenfalls, sie profitiert vom demografischen Wandel. Laut Catella Research lagen 2022 die Durchschnittswerte für Einpersonenhaushalte in europäischen Metropolen bei über 50 %. Entsprechend zieht die Nachfrage an Wohnangeboten mit kleineren Flächen in urbanen Lagen an. „New Work“- Konzepte wie Remote-Work oder digitales Nomadentum befeuern diese Entwicklung. Auch Dr. Carsten Schäfer, Gründer und CEO immero Real Estate Group, erwartet deshalb für 2023 einen positiven Trend am Markt. „Temporäres Wohnen wird sowohl seitens der Mieter und Gäste als auch seitens der Investoren zunehmend nachgefragt. Für Käufer und institutionelle Investoren stellt gewerbliches bzw. temporäres Wohnen eine weiterhin investierbare Assetklasse mit kalkulierbaren Cashflows dar. In diesen anspruchsvollen Zeiten ist das wesentlich, da viele andere Assetklassen – inklusive konventionellem Wohnen – zunehmend Probleme haben noch wirtschaftlich rentabel zu sein.“

Kein schwerer Hürdenlauf

Trotz dieser Entwicklungen sehen sich gewerbliche Wohnformen aktuell verschiedenen Hürden gegenüber. Erst Anfang März 2023 hob die EZB den Leitzins auf 3,5 % an, die Bauzinsen reagierten entsprechend. Neben diesem Zinsniveau sieht Dr. Schäfer allgemeine Kostensteigerungen, z. B. bei Bau- und Energiekosten, als Herausforderungen. Dennoch bleibt er optimistisch: „Wir sehen allerdings auch steigende Mieten, so dass wir mit YUMA Managed Apartments weiterhin gut aufgestellt sind.“ Matthias Rincón bewertet zudem den Personalmangel als weitere Hürde. Durch eine geringe Personalquote bei Serviced Apartments von 5 bis 10 % gegenüber Hotels werde das aber nicht das größte Problem sein. „Schwieriger wird es sein zu expandieren, da es keine Objekte gibt. Ob Bauen im Bestand oder Neubau – es wird hier wenig passieren in 2023“, so Rincón. Wachstum und Nachfrage sorgen für einen starken Wettbewerb unter den Anbietern. Investoren achteten laut Savills-Report zuletzt besonders auf Lage, Konzept und Nachhaltigkeit von Miet- und Pachthöhen. Dr. Schäfer findet, dass Parameter und Eckdaten stimmen und sinnvoll sein müssten, um Investoren zu überzeugen. „Bei Produkten aus dem Bereich temporäres Wohnen muss mehr denn je vor allem das Konzept auf die Marktbedingungen und die Nachfrage ausgerichtet sein, da dieses im Wesentlichen alles andere wie Miete, Auslastung, etc. bedingt, was wiederum die Attraktivität des Konzepts für Investoren determiniert“, so Dr. Schäfer. „Das Konzept sollte schlank und kosteneffizient sein, der jeweiligen Zielgruppe aber trotzdem den nötigen und gewünschten Komfort bieten. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe.“ Laut Matthias Rincón achteten Anlegerinnen und Anleger außerdem auch auf den Trackrecord der Bestandshäuser. „Und damit auf das richtige Betreiberkonzept, das heißt, die am Standort passende Mischung aus Short-, Mid- und Longstay sowie das Pricing. Der Betreiber muss zeigen können, dass er die Performance flexibel steuern kann und stabil gute Erträge erzielt“, so Rincón.

International beliebt

Im europäischen Vergleich ist Deutschland der zweitgrößte Wachstumsmarkt für Serviced Apartments hinter Großbritannien. Laut Catella Research strömen deshalb neben einheimischen Anbietern und Projektentwicklern auch immer mehr internationale Anbieter und Investoren auf den deutschen Markt für Serviced Apartments. Um sich durchzusetzen sei laut Matthias Rincón ein Fokus auf Longstay-Angebote wichtig für heimische Anbieter. „Es sind gerade die internationalen Hotelmarken, die oft wenig auf Longstay ausgerichtet sind und kaum zielgruppenspezifisch agieren. Insofern beunruhigt mich das nicht“, so Rincón. „Die Player vor Ort können zudem oft Makro- und Mikrostrukturen besser einschätzen.“ Laut Dr. Schäfer könnten deutsche Investoren dadurch auch dynamischer auf lokale Nachfragen reagieren. „Es gibt aber auch internationale Brands, die das mindestens genauso gut können. Ich denke, es ist für alle Beteiligten am sinnvollsten, wenn nationale und internationale Unternehmen zusammen und nicht gegeneinander arbeiten, um so – in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld – Wachstum und Fortschritt zu produzieren.“ Mit diesen Entwicklungen entwächst der Markt für temporäre Wohnformen gerade seinem Nischendasein. (lb)


Dr. Carsten Schäfer                                  Matthias Rincón
Gründer & CEO                                         Geschäftsführender Gesellschafter                         
immero Real Estate Group                        IPARTMENT GmbH