Ein Rennpferd

21.10.2020

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Diese Entwicklung lenkt den Fokus unweigerlich auf die mittels bKV ermöglichten privaten Zusatzversicherungen und den über die Gesundheitsleistungen hinausgehenden Aspekt: Die betriebliche Krankenversicherung bietet einen Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe und hilft dabei, qualifizierte Mit­arbeiter längerfristig an das Unternehmen zu binden. Die Arbeit­nehmer profitieren von einem erweiterten Versicherungsschutz ohne Wartezeiten und Gesundheitsprüfung. Für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber ist das eine Win-Win-Situation. Zudem kann der Arbeitgeber eine bKV im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge steuer- und sozialabgabenfrei gewähren. Auch zur Absi­cherung des Pflegerisikos eignet sich die bKV als ergänzende Säule zur gesetzli­chen Pflegeversicherung.

Interessant wird dadurch aber noch ein ganz anderer Aspekt. Kann es in manchen Fällen sogar sinnvoll sein, statt in die PKV zu wechseln in der GKV zu bleiben und private Zusatzpolicen abzuschließen? Nikolaos Becker, Leiter Vertriebsaußendienst bei der BIG direkt gesund, sagt dazu: „Ein Verbleib in der GKV ist für alle Menschen sinnvoll, die sich nicht absolut sicher sind, ob sie für immer in der PKV bleiben wollen.“ Auch dem Personenkreis, der an Vorerkrankungen leide und natürlich all denjenigen, die nur für einen bestimmten Zeitraum ‚bessere‘ Leistungen haben wollten, sei eine GKV-Mitgliedschaft plus privater Zusatzpolice zu empfehlen. Dazu komme die Tatsache, dass es für den Wechsel in die PKV erforderlich sei, gesund zu sein, um ohne Leistungsausschlüsse oder Beitragszuschläge angenommen zu werden. In der Tat ist es aber auch so: Natürlich sollten sich alle Versicherten mit Kindern gut überlegen, ob sie in die PKV wechseln. Dort müssen sie den Nachwuchs extra versichern, während in der GKV die Kinder automatisch mitversichert sind. Becker weist aber noch auf einen weiteren wichtigen Punkt hin: „Die Kosten für Pflegeplätze steigen stetig. Schon heute muss man im Durchschnitt 2.500 Euro monatlich dazu beisteuern.“ Wenn man sieht, dass ein männlicher Rentner laut Rentenversicherung 2019 im Durchschnitt 1.130 Euro Bruttorente hat und Frauen noch niedriger liegen, weiß man sehr schnell, wohin der Zug geht. Darüber hinaus  gibt es noch die Möglichkeit, über das Sozialamt Zuschüsse zu bekommen, doch Becker macht darauf aufmerksam: „Damit belasten wir unnötig unsere Sozialsysteme und somit auch indirekt unsere Nachkommen.“ Deshalb seien Pflegeversicherungsprodukte inklusive des so genannten Pflege-Bahr eigentlich ein Muss für jeden. Im Gegenzug könnte durchaus an einer anderen Stelle gespart werden. Es ist nicht unisono sinnvoll, eine First-Class-Unterbringung im Krankenhaus zu versichern, mit Ein-Bett-Zimmer und täglichem Privatbesuch eines Professors am Bett. Doch Becker sieht das differenzierter: „Das kommt darauf an.“ In der heutigen Zeit würden in Krankenhäusern immer öfter automatisch Zwei-Bett-Zimmer ohne Zuschlag angeboten. Des Weiteren unterscheide der Arzt bei einer OP nicht, ob der Patient eine bessere oder schlechtere Absicherung habe. Wenn ein Versicherter oder eine Versicherte allerdings das Geld und auch das Bedürfnis habe, sich zusätzlich abzusichern, dann solle er bzw. sie es tun. Aus aktuellem Anlass macht Becker aber noch auf einen ganz anderen Punkt aufmerksam: „Im Übrigen hat man bei einer Pandemie gesehen, dass eine First-Class-Absicherung nix gebracht hätte. Im Fall des Falles wäre jedes zusätzliche Bett nötig gewesen. Und COVID-19-Patienten/innen kommen immer auf eine Isolierstation.“ (hdm)